(Un)spektakuläre königliche Tode
Als ich kürzlich in Metz vor den Fragmenten des Sargs Ludwigs des Frommen stand, dachte ich mir das ich noch nie von einem „glorreichen“, „heldenhaften“ Tod eines Karolingers gehört hatte. Wenn man von Königen liest, oder irgendwelche Fantasyfilme sieht, hat man irgendwie immer so ein bisschen den Heldentod vor Augen: Gefallen auf dem Schlachtfeld wie Roland das Horn Olifant blasend und sich mit dem Schwert Durendal verteidigend, aber wir Boromir im Herrn der Ringe von den Sarazenen dahingemeuchelt… Wie? Das waren Basken bei der Schlacht von Roncesvalles und keine Sarazenen? Egal!
Naja aber so stellt man sich einen Heldentod eines großen fränkischen Herrschers eben vor. Komisch, es gibt nur keinen. Im Gegenteil. Sie sind eher unglorreich um nicht zu sagen „jämmerlich“ oder sehr bedauernswert, oder es kam zu einer unerwarteten Wendung.
Es gibt tatsächlich auch ein Buch das sich mit den Krankheiten und gebrechen der Karolinger auseinandersetzt. Leider war es nirgendwo zu bekommen. Falls es jemand sieht, ich hätte es gerne 😉 „Alter, Krankheit, Tod und Herrschaft im frühen Mittelalter: Das Beispiel der Karolinger (Monographien zur Geschichte des Mittelalters)“ von Achim T. Hack. Von daher schreibe ich eher mal so allgemein und anekdotisch.
Eigentlich wollte der Große Karl bei seinen Vorfahren in St. Denis ruhen, aber als stirbt erinnert sich plötzlich niemand mehr daran. Eilig lässt Einhard ein Grab erstellen. Die zur Zeit plausibelste Theorie1 , besagt des es ein Stuckbogen, der ein Arkosolgrab imitiert, rechts vom heutigen gotischen Chor in der Pfalzkappe in Aachen war in dessen Breite genau der Proserpina-Sarkophag passte und darüber ein Bildes des Königs auf blauen Grund geschmückt mit Sternen. Die Reste des Bogens und den blauen Sternengrund konnte man nachweisen. Man geht davon aus das das Grab, egal wo es nun stand, beim Normanneninfall in Aachen unkenntlich gemacht wurde.
Schwer erkrankt war Ludwig der Fromme im Juni 840 noch von Frankfurt nach Ingelheim gereist. Doch zur Pfalz schafft er es nicht mehr. Auf einer Insel im Rhein vor Ingelheim lässt er Zelte aufschlagen und kann nicht mehr stehen. Dort stirbt er am 20. Juni 840 etwa 62 jährig. Man vermutet das er sich in dem von ihm gegründeten Kloster Inden, dem heutigen Kornelienmünster, beisetzten lassen will, doch er hat die Rechnung ohne seinen Halbbruder Drogo Bischof von Metz gemacht. Er lässt den Leichnam in St. Arnulf in Metz beisetzen , wo auch schon die Mutter Ludwigs beigesetzt wurde. Ludwig wird in einem römischen Sarkophag der den Zug des Volkes Israel durch rote Meer zeigt, beigesetzt, der als Arkosolgrab an der Wand der Abteikirche montiert ist. Möglicherweise nach Vorbild seines Vaters. In der Französischen Revolution wird das Grab zerstört und die Knochen verstreut. Im Museum in Metz sind heute die Reste des Sargs zu sehen.
Der Sohn Karlmanns und Enkel Karls des Großen Bernhard schaffte es bis zum Unterkönig in Italien und König der Langobarden. In den Streitigkeiten um die Thronfolge Ludwigs des Frommen besetzte er die Alpenpässe gab aber kampflos auf und stellte sich Ludwig. Dieser verurteile ihn 818 zum Tode, zeigte aber seine „Gnade“ in dem er die Strafe in Blendung umwandelte. Da eine Herrschaft im Gedanken jener Zeit die körperliche Unversehrtheit voraussetzte, wären ihm eine weitere Herrschaft verwehrt geblieben. Und da wirds unangenehm. Bei der Blendung der Karolinger die gegen aufständige Familienmitglieder oder Adlige durchgeführt wurde zeigte man Gnade und Grausamkeit zugleich! Man blendete das Opfer mit einem glühenden Eisen, gerne mal auch ein glühendes Schwert, das vor die Augen gehalten wurde. Durch die Hitze wurde die Netzhaut zerstört und Glaskörper im Auge fast zum Kochen gebracht, was extreme Schmerzen erzeugt aber gleichzeitig äußerlich keine bleibenden Schäden zurücklässt. Doch bei Bernhards Blendung geht etwas schief, was ist nicht bekannt. Zwei Tage später ist er tot.
Der Westfränkische König, König von Italien und Kaiser Karl der Kahle starb am 6. Oktober 877 Nantua im Alter von 54 Jahren. Die Annales Bertiniani berichten das er wegen des starken Gestanks der Leiche hastig im dortigen Benediktiner Kloster beigesetzt wurde. Erst später wurde seinem Wunsch entsprochen und der Leichnam nach St. Denis umgebettet und dort in einer römischen Prophyr Badewanne beigesetzt. Bei der französischen Revolution wurde er, wie fast alle Gräber in St. Denis, aus dem Sarg geholt, geplündert und in einem Massengrab vor der Kirche verscharrt. Die Badewanne steht heute im Louvre.
Als Ludwig der Deutsche am 28. August 876 in Frankfurt stirbt, hatte er seine Frau Hemma das letzte Mal im Mai 875 gesehen. Sie hatte hatte durch einen Schlaganfall die Sprachfähigkeit verloren und war im Stift in Regensburg zur Pflege untergebracht. Sie starb im Januar 876. Kurz darauf erkrankt Ludwig unerwartet und stirbt in Frankfurt im Alter von etwa 70 Jahren. Sein Sohn lässt ihn im Kloster Lorsch bestatten.
Der knapp 18 jährige Ludwig III von Westfranken, der Held der Schlacht von Saucourt in der 9000 Nordmänner gefallen sein sollen, stirbt 882 in Tours. Die Analen berichten er soll scherzhaft eine Adelstochter verfolgt haben. Dabei kam es zu einem Unfall der zum Tode führte.
Ludwig III von Ostfranken wurde zu seinem Lebensende von mehreren Schicksalschlägen heimgesucht. 879 stürzte sein ehelicher Sohn Ludwig, noch Kleinkind, in Regensburg aus einem Fenster und stirbt, 880 stirbt der aus einer unehlichen Verbindung stammender Sohn Hugo bei einer Schlacht mit den Nordmännern. 881 erkrankt er und liegt in Frankfurt darnieder. Die Verteidigung gegen die Nordmänner bricht zusammen. Lüttich, Köln, Prümm, Bonn Trier und Aachen werden im Winter 881/882 geplündert. im Januar 882 stirbt Ludwig und wird in Lorsch neben seinem Vater beigesetzt.
Karlmann von Westfranken stirbt 884 bei Les Andylles bei einem Jagdunfall. Einer seiner Begleiter hatte ihn mit Wild verwechselt… In St. Denis findet er seine letzte Ruhe.
Karl III, später genannt der Dicke, schaffte es noch einmal Ost und Westfranken zu einen. Sein Leben lang wird er von Kopfschmerzen geplagt. Die Diagnose der Epilepsie, die auch auf andere Karolinger angewandt wird ist in letzter Zeit häufiger in Frage gestellt worden. Im März oder April 887 unterzieht er sich in der Pfalz Bodman einer Behandlung. Er bekommt einen Aderlass an der Vena Caphalica (die Hauptvene am Arm), aber wohl nicht wie lange vermutet eine Trepanation2 Im November des selben Jahres will ihn Arnulf von Kärnten in Trebur absetzten lassen, Karl flieht noch nach Frankfurt, muss sich aber geschlagen geben und zieht sich auf ein Gut in Neudingen an der Donau zurück. Bereits im Januar des neuen Jahres stirbt er dort.
Der einzige karolingische, aber fast vergessene, König der dann doch in einer Schlacht fiehl war Zwentibold. Seinen ungewöhnlichen Namen erhielt der uneheliche Sohn Arnulf von Kärntens durch seinen Taufpaten den Mährer Swantopluk. Ursprünglich sah Arnulf in Zwentibold seinen Erben, nachdem er aber einen ehelichen Sohn bekam machte er Zwentibold zum König von Lotharingien. Der Zweite und Letzte der diesen Titel führen wird. Jedoch verweigerten ihm die Grafen im Metzgau Matfried, Gotfried und Stephan aus dem Geschlecht der Matfrieden (später Habsburg-Lothringen) die Gefolgschaft. Am 13. August 900 kommt es zu sogenannten Schlacht von Susteren, die wohl eher ein Hinterhalt als eine großartige Feldschlacht war. Zwentibold wird erschlag und in der nahen, von ihm gestifteten Abtei Susteren beigesetzt.
Schon 896, nachdem Arnulf zum Kaiser gekrönt wurde hatte er einen ersten Schlaganfall. Als er dann in Forchheim an einer Reichsversammlung teilnimmt wird er fast von einem einstürzenden Balkon erschlagen. Den Winter 896/97 verbringt er irgendwo in Bayern. Die Annales Fuldensi sprechen von „abgeschiedenen Orten“, Gesundheitlich geht es ihm schlecht und das muss nicht jeder mitbekommen (die Sache mit der Unversehrtheit). Im Frühjahr 899 hat er einen zweiten Schlaganfall. Er kann nicht mehr Reiten und wird mit dem Schiff transportiert. Ränke werden hinter seinem Rücken um die Nachfolge gesponnen. Dennoch nimmt er, wenn auch vom Schiff aus, an einer Belagerung in Mautern an der Donau teil. Ende des Jahres, wohl im November stirbt Arnulf und wird in St. Emmeram beigestzt. Da allerdings auch andere Orte wie z.B. Altötting gerne die Leiche des Königs hätten, sie aber nicht bekommen, werden eigene Gedenktage zum Tod oder Beisetzung eingerichtet. Über die Jahrhunderte entwickelt sich aus diesen Gedenktagen der Gaube man habe den Toten bei sich beigesetzt.
Hi, ist schon länger her aber ich hab mich auch mal kurz damit beschäftigt. http://www.ffc1066.de/wp-content/uploads/2009/09/KG_Lager_V1.pdf Grüße der Uhl
Danke habs korrigiert. War wahrscheinlich der holozänische Revolutionskalender von Göbekli Tepe oder so ;-)
Leider doch nur ein Typo … Canossa war ja 11076 … Ich finde den Holozänkalender jedenfalls einer Überlegung wert. Grüße…
Ab heute mit Jahresangaben nach Holozän-Kalender? Ich finde das gut; überlege ebenfalls, den öfter zu verwenden. (Es wird das Jahr…
Großartig! Und deprimierend. Ich habe den Artikel von Google News vorgesetzt bekommen, und er war völlig in style. Vom letzten…