DmiiW – Teil VI Die Beschläge meiner Spathascheide
Da ich für meine Spatha und die Scheide auch ein entsprechendes Set an karolingischen Beschlägen brauche, musste ich eines finden das möglichst komplett war. Das ist tatsächlich gar nicht so einfach.
Nimmt man sich ein wenig Literatur zuhand, die jeder so zuhause rumstehen hat.. *hüstel* In meinem Fall mal „Die Macht des Silbers“, und schlägt dort nacheinander die Seiten 121,131,132,169 und 171 auf, findet man dort abgebildet Beschläge karolingischer Schwertgurte. Alle haben eins gemein und nein, es ist nicht das Kleeblatt.
Auf Seite 121 finden sich die Marsum Beschläge die kein Kleeblatt mehr haben, sondern einen rechteckigen Beschlag mit V-förmigen Durchzügen darunter (letztes Drittel 9. Jahrhundert), auf Seite 131 und 132 finden sich die Beschläge aus Kopenhagen. Bei dem ersten fehlt die Schließe, beim Zweiten Kleeblatt und Schließe. Auf Seite 169 finden sich die Beschläge aus Stara Kourim Grab 55, ganz davon abgesehen das ein halb weg korrodierter Beschlag erst gar nicht abgebildet ist fehlt ein zweiter Beschlag und die Schließe. Und last but not least auf Seite 171 finden sich die prunkvollen Beschläge aus dem „Fürstengrab“ von Kolin, bei denen ein ein Beschlag und die Riemenzunge der Korrosion zum Opfer gefallen sind.
Das Problem bei den Beschlägen ist zunächst die Beigabenlosigkeit der karolingischen Begräbnisse im Kerngebiet des Reiches. Die meisten Funde die wir aus dem Kerngebiet haben sind Einzelfunde, ein Beschlag hier, eine Riemenzunge dort. Und das wars. Die Funde in Kopenhagen stammen aus einem Hortfund. Sie sind Beutegut das versteckt wurde. Dem Besitzer kam es nicht auf die Funktion der Stücke an. Für ihn war es zunächst vergoldetes Silber, das man zerhacken konnte oder vielleicht zu Schmuckstücken umbauen konnte. Dies geschah vielfach: ein Kleeblattverteiler wurde zur Fibel, ein Beschlag rundgeschliffen und zur Riemenzunge zweckentfremdet oder man machte einen Anhänger aus einem Beschlag. Das bedeutet die Funde wurden auseinander gerissen und ein Lottogewinn wäre wahrscheinlicher als so ein zerrissenes Set wieder zusammenzufügen.
Die Sets die ich nun aus Stara Kourim und Kolin erwähnt habe befanden sich in Gräbern, denn im Vasallenstaat der Mährer hatte man noch die Sitte der Beigaben in Gräbern. Aber auch in einem weiteren, zeitweilig eingegliederdten Teil des fränkischen Reiches behielt man die Sitte der Beigaben in Begräbnissen bei: in Kroatien!
Ich stieß nach einiger Suche auf ein Set das aus dem kroatischen Koljane Gornje stammte. Es wurde in den 1890ern durch Franco Radic (1857-1933) entdeckt, der als Pionier der Kroatischen Archäologie gilt. In einer Zeit in der Kroatien noch zu Österreich-Ungarn gehörte war er auch als Verleger für eine Archäologische Zeitschrift tätig für, die er auch eifrig selbst schrieb (leider in Kroatisch).
In den 1890 erforschte er vermehrt die die Kirchenruinen im Bistum Knin. Er wurde meist in der Nähe des Flusses Cetina fündig. Dort verlief im frühen 9. Jahrhundert die Grenze zwischen den fränkisch kontrollierten Gebieten zur Adria hin und den nördlich gelegenen byzantinisch kontrollierten Gebieten.
Bereits in Biskupija-Crkvina war er erfolgreich gewesen. Er hatte unter anderem dort eine Spatha eines frühen Petersen K entdeckt von der Visnki 1983 schrieb es handele sich um das älteste bekannte Ulberth Schwert.1 Das Begräbnis wir um das Jahr 800 datiert. Bei diesem Fund finden sich unter anderem schon 2 kleine Scheidenbeschläge die ein wenig wirken als seien sie ein Bindeglied zwischen Pyramidenknöpfen der Merowingerzeit und den größeren karolingischen Beschlägen, ohne das ich sie mir näher angesehen hätte. In einem weiteren Grab fand er eine fast Komplette Spathagarnitur, sie besaß keinen Kleeblattverteiler sondern einen T-förmigen Verteiler, er gilt als Vorstufe zum Kleeblatt. Bei dieser Garnitur fehlte aber die Riemenzunge, bzw. sie war weg korrodiert.
Sein Weg führte Radic weiter nach Koljane Gornje zur Kirche St. Maria, gelegen an einer Brücke über die Cetina. Dort entdeckte er 5 Gräber. Die Gräber 2,3 und 4 lagen am Eingang der Kirche, Grab 5 vor dem Altar und Grab 1 etwa 5m vom Mittelschiff der Kirche entfernt, wenn man seiner Aussage glauben darf.
Bei der Öffnung von Grab 1 war der Tote nach Osten ausgerichtet in einem hölzernen Sarg beigesetzt worden. Die Grabgrube war mit weißem Ton ausgekleidet. Ihm mitgegeben wurde eine Spatha vom Typ Petersen K. mit Schwertgurt und ein Sporenpaar.
Das er hier schon wieder auf eine Spatha vom Typ Peterson K stieß (Diese Typologie existierte noch nicht und sollte erst 1919 durch Jan Petersens „De norske Vikingswerd“ etabliert werden) lies ihn auf Grund eines bei Nierstein gefunden Schwertes gleichen Typs vermuten das die Schwerter slawischen Ursprungs seien und von hier aus nach Franken gekommen waren um dann von den Wikingern kopiert worden zu sein. Heute wissen wir das die Schwerter aus dem Frankenreich kamen und Exportschlager waren.
Der komplette Fund scheint in einem sehr guten Zustand gewesen zu sein, denn er notiert verwundert das die „Planken“ der Scheide des Schwertes außen mit „Segeltuch“ bezogen waren, so wie es auch schon in Biskupija-Crkvina bemerkt hatte. Von der Scheide ist heute nichts mehr erhalten. Auch der Ort der Bestattung ist nicht mehr zugänglich, da hier ein Stausee entstand.
Mit dem Schwert wurden auch die Beschläge gefunden. Leider scheint Radic keine Zeichnung der Fundlage angefertigt zu haben. Sicherlich wäre dies, gerade wenn sogar noch Teile der Scheide erhalten waren, extrem hilfreich bei der Rekonstruktion, da sichrlich auch Lederreste erhalten waren. Das Grab wird mit und durch die Beschläge auf das erste Drittel des 9.Jahrhunderts datiert. Sie sind noch nicht so elaboriert verziert wie die späteren Funde, dafür aber komplett!
Ich versuche diese Beschreibung so genau wie irgend möglich wiederzugeben, wobei ich das Problem hatte das die original Scans aus der Zeitschrift Radic „Starohrvatske Prosvjeta“ komplett auf Kroatisch war und es etwas holprig in der Übersetzung geworden sein könnte.
Sämtliche Beschläge und Nieten waren aus vergoldeter Bronze.

Zunächst beschreibt Radic die halbkreisförmige Schließe. 30mm lang, and der breitesten Stelle 45mm breit. Die Achse an der die nicht mehr vorhanden Nadel befestigt war ist 3,5mm stark, der D-förmige Bogen der Schließe ist 7mm breit und 3mm dick. Die größte Weite der Öffnung ist 32,5mm. Er beschreibt die Schließe als gekerbt, mit symmetrisch angeordnete Formen „wie übereinander geschobene Kacheln“.
Die Befestigungsplatte ist 28mm breit und 18,5mm tief. Sie wurde mit zwei einfach umgebogenen Flachnieten am Riemen befestigt. Das Gewicht wird mit 26,5 Gramm angegeben.
Die Riemenzunge wird als rechteckig abgerundet angegeben. 10,5mm lang, 30mm breit und in der Mitte 5mm dick. Zu den Enden leicht abgeflacht. Die Unterseite ist ausgehöhlt, besitzt in der Mitte einen dreieckigen Querschnitt mit 2mm hohen Rippen die zur Verstärkung dienen. Am Ende der Riemenzunge befindet sich eine 7mm breite Kerbe die die Stärke halbiert. Hier finden sich 5 Nietlöcher in denen sich 3 Nieten erhalten haben. Ihr Gewicht beträgt 95 Gramm.
Zunächst fasst Radic die restlichen Beschläge zusammen und erläutert, das diese die selbe Breite wir die Riemenzunge haben und ebenfalls ausgehöhlt sind, jedoch ohne die verstärkenden Rippen.
Die drei Scheidenbeschläge werden als fast identisch beschrieben mit einer Länge von 51mm , abgeflacht mit einer kurzen zungenartige Verlängerung von 5mm, 12mm breit, 2,5mm dick. An ihr befinde sich 2 Rundkopfnieten. Die Beschläge wiegen 35 bzw 32,5mm. Von den jeweils insgesamt 4 Nieten sind jeweils 3 erhalten.
Auf den dritten Beschlag geht Radic noch einmal ein. Denn dieser besitzt einen Durchzug, dessen Bügel eine Stärke von 2-3mm besitzt, 9mm hoch aber nur 4-5mm breit ist. Er wiegt 44 Gramm. Radic zieht an diesem Stück den Vergleich zu kroatischen Säbeln und erkennt in diesem Stück die Befestigung für den Schleppriemen.
Den Riemenverteiler beschreibt Radic nur kurz. Er beschreibt die 3 Ausläufer als identisch mit den anderen Beschlägen, die sich um ein dreieck anordnen. In der Spitze des Dreiecks sitzt jeweils eine Niete. Von der Mitte zu den Armen ist eine Länge von 45-46mm angegeben. Das Gewicht beträgt 94,5 Gramm.
Die Nieten beschreibt Radic als 9 bis 10mm lang, sie sollen einen 2mm starken Gürtel durchdrungen haben. Von unten wurden zur Befestigung mit etwa 1/3mm dünnen Plättchen mit 6mm Breite gehalten.
Leider hat weder das Museum in Split noch die Archäologische Gesellschaft in Kroatien auf meine Anfragen zu den Beschlägen reagiert, zumal mich die Rückseiten und einige Feinheiten interessiert hätten. Meine Beschläge sind inzwischen in Auftrag gegeben und angezahlt. Sie werden ebenso wie die originale aus vergoldeter Bronze bestehen.
Z. Vinski, Zu karolingischen Schwertfunden aus Jugoslawien, in Jahrbuch des RGMZ Band 30 1983 ↩
Jetzt noch einmal dieselben Überlegungen wie beim Überfall auf Paris 100 Jahre später (siehe früherer Blog): wieso konnten die in…
[…] http://www.tribur.de/blog/2023/05/13/eine-karolingische-truhe/ […]
Freut mich wenn ich die Anregung für den Nachtrag war. Tatsächlich hat dieses Bild und die Darstellung auf dem Teppich…
Wieder eine sehr schöne Diskussion des Themas. Dein eines Zitat gibt es ja wieder, aber Du hattest es weiter oben…
Vielen Dank für die unglaublich vielen interessanen Artikel im letzten Jahr. Ich weiß gar nicht, wie Du das neben der…