Ein Blick auf das AC Valhalla DLC – Die Belagerung Paris
Am 12.8. kam das neue DLC zu Assassin´s Creed Vlahalla auf den Markt, das den vielsagenden Namen „Die Belagerung von Paris“ trägt. Es dreht sich also um die Jahre 885 bis 886 , als Paris von den Wikinger belagert wurde. Zögerlich und erst spät kam damals der Ostfränkische König und Kaiser Karl III (später genannt der Dicke), der seit 885 auch Westfränkischer König war, zur Hilfe. Die Lösung des Problems mittels Tributzahlungen und freiem Geleit an die Nordmänner, die er schon eimal 882 bei Asselt angewandt hatte, wurde ihm als Schwäche ausgelegt. Karl III zieht von Paris ab. Die Nordmänner haben jedoch durch Sigfrid Verstärkung erhalten und folgen Karl die Oise hinauf und zerstören die Pfalzen an der Oise bis sie nach Süden abziehen. Etwas das in Karls Interesse gegen seine Gegener im Süden lag.
Soweit kurz die überlieferte Geschichte. Es folgen definitiv Spoiler!!!
Es ist die Zeit der größten Macht Karls III aber auch der Anfang vom Ende, das letztendlich in Trebur und in Neudingen stattfindet. Grund für mich das Ganze mal anzusehen. Und ums vorweg zu nehmen: Ich werde ein bisschen meckern müssen.
Jetzt wird sich der Ein oder Andere fragen warum ich das überhaupt spiele, wenn ich doch nur maulen kann. Ganz einfach: Ich liebe Open World Spiele und ich liebe (liebte?) die Assassins Creed Reihe, vor allem die älteren Teile mit dem prominent klugscheißenden Shaun Hastings der einem die Geschichtfakten recht direkt aufs Auge drückte und mir so tatsächlich de Renaissance eine bisschen näher gebracht hat. Und wenn Trebur involviert sein könnte, bleibt mir sowieso nichts anderes übrig. Aber leider hatte AC bei seiner Wandlung zum Action-RPG vor allem die geschichtliche Akkuratesse über Board geworfen.

Das DLC beginnt mit dem Besuch einer Wikinger Dame namens Toka, die in Begleitung eines Westfrankens in der Siedlung erscheint und Eivor bittet nach Paris zu kommen wo sich Sigfrid befindet. Dieser ist angepisst weil Karl III bei einer Schlacht die tote Verwandschaft auf dem Schlachtfeld liegen ließ und will pure Rache. Die Westfranken wiederum leiden unter Karl III der das Land verwüstet und eine Invasion nach England plant. Deshalb sucht Toka Verstärkung aus England. WTF?
Man merkt schon das irgendetwas zur tatsächlichen Geschichte nicht stimmt, war doch Siegfried selbst die Verstärkung und Karl III war zu Beginn der Belagerung noch lange nicht anwesend und an England hat der zögerliche Karl schon gar nicht gedacht.
Die Sprache
Zunächst spielte ich das Spiel in deutsche Synchronisation und stolperte prompt gleich mal über die Übersetzung. Unser Westfranke, der nach England zu Besuch gekommen ist ( er nennt sich übrigens Piers, gesprochen wie das französische Pierre) sagt den Satz: „Das ist unsere letzte Tschanze“.
Bitte was? Tschanze? Wieso nicht Chance? Ich habe das Spiel abgebrochen und das englische Original gestartet. Hier spricht der Westfranke nun komplett in französischem Akzent, sagt aber Chance. Diese seltsame deutsche Synchronisation zieht sich komplett durch das DLC und hat mir wirklich die Fußnägel hochgerollt. Alle Franken, wirklich alle, auch die Ostfranken, also Karl III, sprechen mit französischem Akzent. Und Karl hat dabei sogar noch eine Sonderstellung.
Er wird von alle nur als Charles bezeichnet. Dieses Charles spricht sich aber in der deutschen Fassung weder englisch, noch französisch aus, sondern wird als „Tscharless“ ausgesprochen. Nun kenn ich in Altfranzösischen nur die Straßburger Eide von 842, da aber wird Karl der Kahle im altfranzösisch als „meon fradre Karle“ (mein Bruder Karl) angesprochen, bzw. im Eid der Vassallen als „son fradre Karlo“ (sein Bruder Karl) und es wird auch tatsächlich so ausgesprochen wie es sich für uns im Deutschen liest. (Kann man sich hier mal anhören https://www.youtube.com/watch?v=j6E09WF49tU )
Diese seltsame Aussprache zieht sich durch das ganze Spiel, so bei Ritschadis (Richardis, Karls Frau) Pariss (Paris), Odo von Paris wird französisch ausgesprochen mit langem zweiten o, dabei heißt er auf französisch Eudes usw. Ganz zu schweigen davon das der zu Beginn erwähnte Karl der Große auf Englisch Charlemagne heißt, auf deutsch aber als Karlamagnus ( verwand mit der rasenden Reporterin Karla Kolumna?) bezeichnet wird.
Die Kleidung
Oben sieht man das Bild von Karl III. Natürlich wird er Dick dargestellt, auch wenn das wohl nicht der Fall war. Sein Wappenrock über dem Kettenhemd ist natürlich anachronistisch, aber zumindest hat man sich etwas dabei gedacht, als man ihm ein Oriflamme auf die Brust klebt, das auch sonst immer und überall als Banner zu sehen ist. Seltsamer ist dagegen das man sein Signum, wie es auf Münzen oder Urkunden zu finden ist, da hinein geklebt hat. Bei der Krone bin ich hin und her gerissen, denn tatsächlich ist sein ein toller Nachbau der Votivkrone aus dem Essener Münster, nur leider ist sie spätottonisch, wohl aus der Zeit Otto III. oder Heinrich II. (Sieht aber trotzdem gut aus)
Die Soldaten sehen eigentlich aus wie immer, nur haben sie diese verfluchten Morion-Helme auf dem Kopf und wedeln mit zu großen Schwertern und Äxten. Dafür gibt es endlich auch für die Spielerfigur Einhandschwerter, die unter dem namen „Kurzschwerter“ deklariert sind. Wobei ich da auch wieder was zum maulen habe. Warum zum Teufel ist da ein Ringknaufschwert des 2./3. Jahrhunderts dabei? Schade finde ich auch das man die Schwerter Joyeuse und Durendal finden kann, aber nicht erklärt bekommt warum diese Schwerter den Namen tragen, warum Joyeuse eine Regenbogenfarbene Klinge hat und überhaupt fehlt der Kontext. Ach und ein Ulfberth Schwert gibts auch noch.
Die Architektur:
Durch die Architektur hatte ich mir ein klitzekleines bisschen Inspiration erhofft, oder zumindest eine inflationäre Nutzung von Architekturvorbildern wie Aachen, Lorscher Torhalle oder dem Corveyer Westwerk erwartet. Aber es taucht nur das Aachener Oktogon zweimal auf. Zum einen als das Treppenhaus (!) von Odos Palast in Paris und als Treppenhaus (!) von Karls Palast in Amiens. Die Nutzung hat mich etwas verloren zurückgelassen. Auch die Klosterpfalz Compiegne gibt es. Allerdings ist es nur ein Standartkloster aus dem Assassins Creed Valhalla Klosterbaukasten. Und das große Kloster St. Denis, besteht aus einer einschiffigen Kirche, einer Kapelle und einem Schuppen. Mähhh (Hier eine ernsthaftere Rekonstruktionen https://archeologie.culture.fr/saint-denis/en/royal-abbey-7th-century-869 ) Wenn man bedenkt das das Unisoft für Assasins Creed Unity Notre Dame de Paris vermessen hat und diese Daten nach dem Brand Frankreich zur Verfügung stellte ein Armutszeugnis.
In-Game Erklärungen
Wurde früher, speziell in den Ezio Teilen, die bekannten historischen Fakten immer ziemlich direkt durch Shaun Hastings aus dem Off auf die Nase gedrückt werden, verbergen sich die Infos im Menü, sind aber des öfteren Schwachsinn. So wird Amiens als einer der Lieblingssitze Karls III angegeben. Die Regesta Imperii verzeichnet aber nicht einen einzigen Aufenthalt Karls III in Amiens! Zumal er ja auch nur 2 Jahre Zugriff auf Amiens gehabt hätte.
Und sonst so?
Am Ende wird man vor die Wahl gestellt Karl zu töten oder kampfunfähig zu machen. Wobei es eigentlich egal ist. Überlebt Karl will Richardis mit ihm auf ein „fernes Gut im Osten“ gehen (gemeint ist Neudingen bei Donaueschingen) oder er stirbt und sie bittet darum mit ihm allein gelassen zu werden. So oder so ist das nie passiert. Richardis war wohl wegen einer Intrige 887 des Ehebruchs angeklagt, die Ehe wegen Nichtvollzugs annulliert und ging ins Kloster zurück. Im November 887 wird Karl III in Trebur durch Arnulf von Kärnten für abgesetzt erklärt. Karl zieht sich nach Neudingen zurück, wo er schon im Januar stirbt.
…Ach da hätte man was draus machen können….
Ich glaube der Wandel vom mehr oder weniger historisch korrektem AC mit Erklärbär Hastings zum jetzigen Fantasy Spiel mit historischen Elementen hat verschiedene Gründe. Zum einen sind viele des Ursprungsteams nicht mehr im Boot (die Gründe seien mal dahingestellt). Zum Anderen gab es einen Wandel im Spielkonzept seit AC Origins hin zum Action RPG. Nicht mehr die Einbettung in einer historischen Geschichte war der Vordergrund, sondern das Spiel als solches mit mehr Action und weniger geruhsamen Schleichen und Assasinieren. In der Action wären dauernde Hinweise auf Gebäude A und Person B nur hinderlich und hätten den Spielfluss gestört. Also wurden die Infos ins Menü verbannt. Um dem Ganzen dann doch noch einen historischen Anstrich zu verpassen gab es dann zumindest bei Origins noch den Entdeckungstour Modus.
Nun hat das DLC „Die Belagerung von Paris“ noch mal ein spezielles Problem wie ich glaube. Wollte man die Belagerung und die Geschichte Karls III bis zu seinem Ende korrekt erzählen, wäre noch ein Haufen weitere Personen und Erklärungen nötig gewesen. Sei es die Beziehungen zwischen Ost- und Westfranken, Arnulf von Kärnten und einem ganzen Berg weiterer Hofschranzen. Die Spielwelt hätte zudem die Größe des Hauptspiels haben müssen. Oder kurz um, es wäre zu groß geworden für ein DLC. Also verbrennt man leider die interessante Thematik in einem kurzen DLC.
Spaß machts dennoch wenn mans mag, man muss eben nur ausblenden das das mit echter Geschichte nicht mehr viel zu tun hat. Leider kann ich das bei der Thematik nur schwer. Und deswegen spiel ich jetzt das DLC von Ghost of Tsushima. Da weiß ich das Kleidung und Waffen nicht der Zeit um 1280 entsprechen, sondern irgendwo aus einer Zeit nach dem 15. Jahrhundert stammen (keine Ahnung genau, das Katana entstand halt so nach dem 15. Jahrhundert…), aber da ist es mit glücklicher Weise herzlich egal….
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