Lehnswesen leicht gemacht
Ich glaube Lehnswesen war eines der Themen bei dem ich in der Schule eingenickt sein muss. Zumindest erinnere ich mich nur noch an die Lehnspyramide in einem Schulbuch das so alt war das es aus jener Zeit zu kommen schien die es behandelte..
Da ich mich aber recht ausführlich mit den Münzenbergern beschäftigen möchte, führt am Lehnswesen kein Weg vorbei.
Natürlich werde ich dabei stark verkürzen und verallgemeinern. Lehnseide und Lehnsbriefe unterschlage ich vollkommen. Es geht mir einzig darum Hintergründe und Struktur ein wenig verständlicher zu machen, wenn man, wie ich, mit dieser Pyramide nicht so viel anfangen konnte.
Lehen spielen bei der Geschichte der Münzenberger durchaus eine wichtige Rolle. Und damit das auch für Leute verständlich ist, die zwar Mitlesen, aber sonst aber mit Lehen gar nichts am Hut haben, möchte ich das eben ein bisschen erläutern. Tatsächlich hätte das Lehnswesen aber eine eigene Reihe von Artikeln verdient. Also daher Lehnswesen leicht gemacht…
Für diese Betrachtung soll es aber zunächst reichen in der Zeit der Franken zu beginnen. Nach deren Auffassung gehört sämtliches Land dem König als Stellvertreter Gottes auf Erden und Land gab es viel. Vor allem während der fränkischen Landnahme.
Alte Besitzverhältnisse, etwa der Alamannen oder der Thüringer hatten für die Franken keine Bedeutung. Der König, dem aber das Land gehörte konnte sich schlecht persönlich um tausende Quadratkilometer kümmern. Also beauftragte er andere Personen, oft aus seinem Gefolge, sich um die Ländereien zu kümmern in dem er es ihnen leiht – also verlehnt. Diese durften das Land dann nutzen.
Wie das so mit verliehenen Sachen ist, möchte man sie auch wieder zurück haben. So auch bei den als Lehen vergebenen Ländereien.
Bei dem Vertragswesen der Franken gab es dazu 2 Möglichkeiten, auch wenn es wie überall Ausnahmen gibt:
- Der Lehnsnehmer, als Vasall bezeichnet, stirbt. Somit fällt das Lehen wieder an den König
- Der König stirbt, womit alle seine geschlossenen Verträge nichtig werden
Die Möglichkeit andere Adelige mit Land zu belehnen eröffnete dem König die Möglichkeit sich so zu bedanken, aber auch ungeliebte Personen nahezu ans Ende der Welt zu beordern. Gleichzeitig versprachen sich Lehnsherr und Vasall gegenseitiger Treue und (militärische) Unterstützung.(Wichtiger Aspekt!)
Mit der Zeit erweiterte sich das Spektrum des “Verleihens”. So ergab sich spätestens zur Zeit der Karolinger die Möglichkeit das der männliche Nachkomme eines Vasallen formell darum bitten konnte das das Lehen erneuert wird. Dies musste innerhalb von Jahr und Tag geschehen. Witzigerweise ist genau so ein Vorgang in der Ersterwähnungsurkunde von 814 aus Tribur erhalten, bei der ein Adliger aus der Region um Carcassonne bei König Ludwig dem Frommen um die Erneuerung des Lehens, welches von Karl dem Großen an seinen Vater vergeben wurde und dies auch erhält. Eine reine Formsache also, wenn auch mit gewaltigem Reiseaufwand verbunden. Später wurde diese Vorgehensweise im Kapitular von Quierzy (877) schriftlich niedergelegt.
Es gab übrigens noch eine Möglichkeit für den König sich erkenntlich zu zeigen. Er konnte Allod vergeben. Ein Allod ist Land das komplett verschenkt wird , also zu vollem Eigen steht und dadurch auch erblich wird. Es kann nicht wieder eingezogen werden oder ähnliches. Anfangs wurden hauptsächlich Klöster mit einem Allod bedacht. Und wie sollte es auch anders sein, auch hier gibt ein Beispiel aus Tribur. 834 schenkte Ludwig der Deutsche dem Kloster Lorsch den Ort Langen zu freiem Nutzen, also als Allodialbesitz.
Klöster verlehnten den Besitz dann meist weiter, was ihnen eine Nicht zu unterschätzende militärische Stärke einbrachte, wie sich 1066 in Trebur Zeigte als Lorsch mit seinen 12 mächtigsten Lehnsmännern mit jeweils 100 Mann in Waffen auftauchte. (Hier hatte ich darüber geschrieben)
Während der Zeit der Ottonen gab es nun einen Umbruch in der alten Praxis. Als Ottos II. früh starb, war sein Sohn Otto III. gerade einmal drei Jahre alt. Es kam zu Rangeleien in der Nachfolge. Um Ihrem Enkel die Herrschaft zu sichern, vergab Großmutter Adelheid, nachdem auch die Mutter Theophanu verstarb, ein vielfaches an Lehen und Allod. Aber nicht nur an den Adel sondern auch ein Ministeriale, also unfreie Beamte, die dadurch natürlich zu einer nicht zu unterschätzenden Fraktion im Reich wurden.
Auch Konrad II. veränderte das Lehnswesen, als die Lehen der Niederadligen im Königreich Italien erblich machte um sich die deren Unterstützung zu sichern.
Das sich die Machtverhältnisse im Reich durch solche Veränderungen verschoben, versteht sich dabei von selbst. Heinrich IV. sollte dies bei bereits bei seiner Wahl zum Mitkönig und erst Recht durch durch den Fürstentag von Tribur merken.
Die Ergebnisse dieses Partikularismus sind nur allzu deutlich etwa auf Karten des Deutschen Bund zu erkennen.
Nun die große Preisfrage:
Graf Schmitt von der Bröckelburg stirbt 1190 hochbetagt. Er hatte 4 Töchter, 3 sind gut verheiratet, die Vierte im Kloster. Die Erste mit Graf Norbert von Aufstand, die Zweite mit Günther Herr von Nebenan , die dritte mit Wilhelm Herr von Weiterweg, Einen männlichen Nachkommen hat er nicht. Die Burg ist Allod mit dem Land darum. Auch hat er weiter entfernt diverse Allodialbesitzungen. Er hat aber auch Land zum Lehen, welches teilweise auch als Afterlehen vergeben ist.
Berechne den Durchmesser des romanischen Torbogens! Was sich ein bisschen liest wie eine Textaufgabe in Mathe der 6ten Klasse war ein klassisches Problem im 12. und 13. Jahrhundert. Eine perfekte Antwort als Lösung des Problems gibt dabei aber es nicht, denn mitunter können hier diverseste Ansprüche auch von Außen eintreten, die zu jahrelangen (Rechts-)Streitigkeiten führen konnten. Aber versuchen wir dennoch einmal eine Antwort zu konstruieren.
Wen wir aus der Rechnung rausnehmen können ist die vierte Tochter im Kloster. Mit dem Eintritt ins Kloster wurde ihre Mitgift dem Kloster gegeben und das wars.
Jetzt warens nur noch drei.
Diese Drei haben nun erst einmal gleichberechtigten Anspruch auf das Erbe aus dem Allod. Die Burg Bröckelstein wird zur Ganerbenburg, bedeutet sie würde von allen Erbnehmern gleichberechtigt bewohnt werden. Oftmals entstehen dann auf Burgen neue Bauten die heute dann den Namen des Erbnehmers tragen. Etwa wie auf der bekannten Burg Elz wo es entsprechend der Erben z.B. Kempenich Häuser, das Rübenach Haus und das Rodendorfer Haus gibt.
Unser Graf Norbert von Aufstand ist nun aber der Meinung das die Bröckelburg zu bröckelig ist, statt dem Teil der Burg hätte er lieber ein Stück Land aus dem Allod das näher an seiner Heimat liegt. Man einigt sich auf den Tausch. Die Beiden anderen ziehen dagegen auf die Bröckelburg und nennen sich von nun an Günther Herr von Nebenan zu Bröckelburg und Wilhelm Herr von Weiterweg zu Bröckelburg.
Der restliche Teil des Allods wird gedrittelt, jeder erhält ein Stück, wobei man sich etwas zankt wer nun welches Stück bekommt aber den Streit bald beilegen kann.
Bleiben noch die Lehen. Auch diese sollen fair geteilt werden wobei nicht so viel zerrissen werden soll.
Jetzt kommt aber der König als Lehnsgeber dazwischen. König H. (er möchte an dieser Stelle anonym bleiben) hat kein interesse daran das Norbert von Aufstand näher an seine Krongebiete rückt, hat er doch bereits mehrfach seinem Namen alle Ehre gemacht. Da vor einiger Zeit ebenfalls einige Vassallen in der Region ohne jegliche Erben das Zeitliche gesegnet haben beschließt König H. einige Ländereien aus diesen Lehen an Günther von Nebenan zu vergeben, mit anderen findet er Norbert von Aufstand ab. Der König kann gut mit Günther und dieser hat sich mehrfach als Unterstützer des Königs gezeigt. Somit schafft der König eine neue Macht gegen Norbert von Aufstand und stärkt die Verbindung mit Günther von Nebenan.
Dieser verlässt jetzt die Bröckelburg und zieht auf auf eine andere Burg aus diesen neuen Lehen. Auf Burg Bröckelburg lässt er Burgmannen zurück die die ihm gehörenden Bauten verwalten und auf die frisch angelegten Rabatten der Gattin achten. Könnte ja sein das sein Nachbar darin herumtrampeln will!
Wie gesagt. Das ist alles vereinfacht und verkürzt. Man mag mich dafür steinigen , aber für den Zusammenhang mit den Münzenberger reichts und am Ende wird auch klar wieso die kleine Geschichte am Ende so ist , wie sie ist.
Eine Antwort
[…] Und deswegen hab ich den Kram mit Lehnswesen hier beschrieben [↩] […]