Old Minster Winchester
2011 schrieb ich bereits einmal über das Old Minster, der Vorgängerbau der heutigen Kathedrale von Winchester. Was mich damals antrieb war Übernahme karolingischer Bauformen, eines Westbaus oder Westwerks, in einen angelsächsischen Bau. Damals hatte ich nicht daran gedacht jemals vor der Kathedrale zu stehen
So dachte ich auch gar nicht mehr an das Old Minster als ich vor Ort war, denn meine Begleitung wollte die Kirche lediglich wegen Jane Austens Grab besuchen. Jedoch hatte ich etwas im Hinterkopf und als und tatsächlich lief ich an den markierten Grundmauern des Old Minsters vorbei. Leider gab es im Kirchenladen keine Literatur zum Old Minster weshalb ich mich nun noch einmal schlau gemacht. Zum Teil mit überraschenden Erkenntnissen.
Zunächst aber musste ich feststellen das die Rekonstruktionen die ich seiner Zeit verlinkte ( Link1 und Link2 ) nicht alles wiedergeben, was sich dort eingezeichnet findet, bzw. auf den am Gehweg angebrachten Tafeln aufgeführt wird, bzw. Zwischenstände die ich für beachtenswert halte nur kurz angeschnitten werden.
Dies hat mich dazu bewogen die einzelnen Bauphasen zu rekonstruieren, wobei ich entgegen den bestehen Rekonstruktionen einige wenige Veränderungen eingefügt habe. Dazu entsprechend im Text mehr.
Bauphase I ca. 648
Im Jahr 648 erhält Birinus, der von Papst Honrius zur Missionierung nach England geschickt worden war, von König Cenwalh von Wessex den Auftrag in Winchester in direktem Umfeld des königlichen Palastes ein Münster zu errichten. Zuvor hatte Birinus bereits im 70km entfernten Dorcic (Dorchester-on-Themes), der ursprünglichen Hauptstadt Wessex, ein Bistum eingerichtet.
Mit dem Bau einer steinernen Kirche wurde der Sitz des Bistums nach Winchester verlegt. Falls es sich bei der Kirche in Dorcic nur um eine Holzkirche gehandelt haben sollte, wäre nun die neue Bischofskirche der erste steinerne Großbau seit dem Abzug der Römer in Britanien.
Birinus lies einen 72 Fuß langen, einschiffigen Saalbau errichten. Anstelle eines Querhauses besaß der Bau zwei quadratische Annexe, von denen der nördliche wahrscheinlich ein Taufbecken beherbergte. Unklar scheint zu sein ob der Bau bereits von Anfang an eine eingezogene Rechteckapsis besaß oder an ihrer Stelle sich zunächst lediglich eine weniger als halb so tiefe Nische befand. Die Steine für den Bau bezog Birinius aus den Resten des römischen Winchester. Beim Bau kamen möglicherweise Franken zum Einsatz die Brinius vom Festland holte.
In dieser Zeit wird der Kirche ein Torbau mit darüber liegender St. Martinskapelle vorgelagert, der von der Kirche in etwa genauso weit entfernt ist wie das Kirchenschiff lang ist. Der Torbau trennt Palast- und Kirchenbezirk voneinander, ist aber noch weitaus bemerkenswerter!
Ich erinnere dazu an diesen Artikel von mir und erinnere explizit an Lorsch und andere Torhallen im fränkischen Reich ! Es scheint als habe man in Wessex ebenfalls, oder beeinflusst durch die Franken und/oder Rom ebenfalls Torkapellen genutzt um hier ein höfisches Empfangsritual durchzuführen!
In mir bekannten Rekonstruktionen wird diese Torhalle, oder Torturm, meist als steilaufragender Turm dargstellt, begündet aus der lateinischen Angabe „turre“. Absichtlich bin ich davon abgekommen und habe eine flachere Halle dargestellt, da ich diese im vorangegangenen Kontext sinniger finde, zumal „turre“ nicht zwingend eine Turm im echten Sinne sein muss, sondern lediglich die Mehrstöckigkeit andeutet.
852 wird der Lord High Chancellor Königs Egbert von Wessex und Tutor Æthelwulfs und Alfreds des Großen Swithin Bischof von Winchester. Swithin erfreut sich großer Beliebtheit. Als er 862 starb, verfügte er man möge ihn im Hof der Kirche bestatten wo sein Grab vom „süßen Regen des Himmels“ benetzt wurde. So wurde er im Hof zwischen Kirche und Torbau beigesetzt.
Sein Grab wurde schnell zur Pilgerstätte und Swithin als Heiliger verehrt. Dies sollte sich auch auf die weitere Entwicklung der Kirche auswirken.
Unter der Herrschaft Alfreds des Großen (+899) wird Winchester Teil des Systems der Burghal Hidage, befestigterAnlagen die der Verteidigung und als Rückzugspunkte gegen die einfallenden Wikinger dienen.
Nach Alfreds tot wurde dieser zunächst im Old Minster beigesetzt. Eduard der Ältere, Alfreds Sohn, lies für seinen Vater jedoch direkt neben dem Old Minster eine weitere Kirche, das New Minster, errichten in das die Überreste 901 überführt werden. Die Kirchen lagen snur wenige Meter voneinander entfernt so das die Gesänge der Mönche sich gegenseitig störten.
Das Kirchenschiff erhält nun zwei Anbauten die ebenfalls an ein Querschiff erinnern, jedoch wieder ohne es zu sein. Es ist ein schmaler Gang der aus dem Gebäude führt und an den sich jeweils 3 Räume anschließen. Trotz langen Überlegens fiel mir hierzu nichts vergleichbares ein. Möglicherweise diente die Räume ja Schreibern oder einer Hofschule.
Im Hof liegt nun markiert das Grab Swithins.
In diesen Zeitraum fallen einige der intensivsten Kontakte mit den beiden fränkischen Reichen. Um 919 heiratete der Westfranke Karl III. Eadgifu , die Tochter Eduards I. von Wessex und Enkelin Alfreds des Großen. Ostfranken und der noch jungen Herrschaft der Luidolfinger konnten dem nicht Nachstehen. So heiratete Otto I, Eadgifus jüngere Schwester Edgitha. Zu dem haben Westfranken und Engländer einen gemeinsamen Feind: die Dänen.
Der Bau des nördlich liegenden New Minsters führt zum Konkurenzkampf der beiden Kirchen. Das Old Minster errichtet nun einen Turm über dem Grab Swithins, der auf einer kreuzförmigen Basis ruht. Die Balken des Kreuzes sind nach Norden und Süden mit riesigen Konchen abgeschlossen. Die Torhallebildet nun das Eingangsportal der Kirche.
Das New Minster zieht nach und baut in den 980ern einen 6 stöckigen Turm, der mit Figuren im Winchester Stil geschmückt ist.
Die Conchen-Anlage fällt aber schnell der Bauwut zum Opfer. Wobei einigige Mauern, wie etwa die Westwand, weiterverwendet werden. Mögliche wäre auch eine Erhöhung des Turms, dessen Höhe mit 100 Fuss angegeben wird.
Die Torhalle wird in das Gebäude, mit nun quadratischem Grundriss, integriert, Ihr zur Seite werden zwei Türme gestellt. Ganz ähnlich wie es im fränkischen Corvey geschah , wo ebenfalls eine Torhalle überbaut wurde.
Gewollt oder zufällig erreichte man die Optik eines Westwerks.
In der letzten Bauphase erhält die Kathedrale einen neuen Chor und wird somit verlängert. Aber auch weitere Umbauten, wie etwa die Entstehung eines marmornen Baptysteriums werden vorgenommen. Der Chor wird im Vergleich zum Vorgänger angehoben und erhält eine Krypta. Ein Querhaus mit Conchen wird erbaut und darüber ein 5 stufiger Glockenturm.
Bis zum Eintreffen der Normannen bleibt diese Kirche bestehen und dient vielen Königen als Grablege. 1093 beginnt der normannische Bischof Walkelin mit dem Neubau einer Kathedrale im normanno-romanischen Stil südlich des Old Minsters. Nur der der südliche Turm des Westbaus wird als Nordturm integriert. Die Gebeine der im Oldminster begrabenen Könige von Wessex und England, der Bischöfe und nicht zuletzt Swithin werden in die neue Kathedrale überführt. Das New Minster wird ebenfalls abgerissen und die Mönche nach Hyde Mead, nördlich der Stadtmauer vertrieben. Das neue Langhaus der normannischen Kathedrale ist allein nun so groß wir die das gesamte Old Minster. Vom normannischen Bau ist allerdings heute auch nur noch das Querhaus erhalten, der Rest wurde im Stil der Gotik umgebaut. Winchester ist unter den Normannen auch nicht länger Hauptstadt Englands, sie verlegen diese nach London. Der letzte König der in Winchester beigesetzt wird ist Wilhelm II. Rufus, Sohn von Wilhelm dem Erober, der im nahen New Forrest bei der Jagd von einem Pfeil getroffen wurde.
es ist jetzt das zweite Mal, dass ich über interessante Bilder auf Ihre Aufsatzsammlung gestoßen bin. Etwas salopp in der Schreibe, aber ziemlich interessant! Frage: mit welchem Programm sind Ihre Rekonstruktionen gefertigt? Sketchup? oder anderes 3D-Programm?
Weiter so bitte
Gruß
W. Etschmann München
Die wurden auf die schnelle mit Bryce 3D hingehuscht