Die karolingische Tunika IV – Das Gürtel-Problem
Ursprünglich war der Gürtel der karolingischen Tunika eines der Themen mit dem ich mich zuerst befassen wollte. Jedoch stellte sich schon bald heraus das dies nicht so einfach sein würde wie ich mir das vorstellte.
Obwohl ich fast zwei Dutzend karolingischer Handschriften und Fragmente wälzte, blieb es doch einzig bei zwei Gürtelabbildungen bei „Zivilpersonen“. Und das war die, die ich ohnehin schon kannte.
Das erste Bild zeigt eine Festkrönung Karls des Kahlen die früher für eine Darstellung Karls des Großen gehalten wurde. Karl wird hier mit einer breiten Riemenzunge dargstellt (Zudem beachte man die Tunika, die potentiel aus Damastseide besteht und angedeute Schlitzungen am weit fallenden Rockteil besitzt)
Der Katalog „Die Macht des Silbers“ weiß dazu zu berichten das es sich bei vielen der bekannten großen silbernen Riemenzungen aus dem Fundgut um eben solche Riemenzungen von Klerikern handelt. Hinweise hierfür sind die geistlichen Sinnsprüche oder Kreuze die sich auf den Zungen finden. Während man in Rom die Alba mit einem Band knotete, trug man im gallischen Raum den Gürtel mit der wuchtigen Riemenzunge. Da , so der Katalog, der Zeichner nur die die Welt der Kleriker kannte, zeichnete er auch Karl mit einem solchen Gürtel.
Ich halte das für nicht zu Ende gedacht! Kontext, my dear Watson!
Dargestellt ist eine Festkrönung, eine liturgische Handlung. Zudem kennen wir den sakralen Charakter des Königtums. Karl ist also festlich gekleidet aber nun doch nicht dargestellt wie ein gallischer Kleriker. Vielmehr ist er entsprechend seines Standes gekleidet. Zudem tragen die beiden Kleriker die Karl einrahmen den römischen Typus des geknoteten Bandes. Unwahrscheinlich das der Zeichner zwar die römische Art die Albe zu binden kannte nicht aber die eines Zivilsten. Zudem unterscheidet sich seine Gürteldarstellung von denen der Kleriker in der Bibel von St. Paul. Während diese die Riemnzung in der Körpermitte tragen, bzw. die Riemenzunge mittig hängt, liegt sie bei Karl auf dem rechten Oberschenkel. Selbstverständlich kann dies ein zeichnerischer Kunstgriff sein um sowohl Riemenzunge als auch Rechteckmantel zu zeigen (auch keine Klerikerkleidung!)
Schauen wir uns nun die zweite Abbildung an. Es handel sich dabei um ein im Archivio capitolare di Modena verwahrtes Fragment einer Abschrift des 10.Jahrhunderts aus dem ersten Drittel des 9. Jahrhunderst. Die Abbildung, die für den Schwiegersohn Ludwigs des Frommen hergestellt worden war, zeigt Karl den Großen und seinen Sohn Pippin den Buckligen sich gegnübersitzend, scheinbar in Beratungen.
Es ist die Riemenszunge Karls des Großen die sichtbar ist. Leider lässt sich nicht sagen ob diese Riemenzunge zum Schwertgurt oder Leibgurt gehört.
Die meisten gefundenen Riemnzungen die zu Schwertgurten zugehörig sind, sind verhältnismäsig lang und schmal. Die in der Abbildung gezeigte Riemenzunge macht jedoch einen kürzeren und breiteren Eindruck. So wie zuvor die Riemenzunge Karls des Kahlen. Meiner Auffassung nach handelt es sich daher auch in dieser Abbildung um den Leibgurt. Und wie schon zuvor ist an der der rechten Körperhälfte Karls zu sehen. Auch hier kann dies ein Kunstgriff sein um sie überhaupt darzustellen. (Ihr scheint also eine besondere Bedeutung zuzukommen)
Gehe ich also davon das es sich bei beiden Riemenzungen um Zungen des Leibgurtes handelt, so muss ich davon ausgehen das es den Klerikern vorbehalten war diese in der Körpermitte zu tragen, während der „Zivilist sie nach rechts verschoben trug, scheinbar sogar soweit das komplett auf der rechten Körperhälfte lag. Wenn dies der Fall sein sollte, ließe sich so erklären warum die in der Regel frontal dargestellten Personen keine Riemenzungen aufweisen. Sie befinden sich auf der rechten Körperhälfte und währen somit nicht sichtbar.
Der tragweise scheint demnach auch eine Bedeutung zu besitzten, die sich aber meiner Kenntnis entzieht. Ich erkenne aus dem Stegreif Ähnlichkeiten zur Trageweise von Orden.
Die Riemen der Leibgurte konnten im einfachsten Fall aus Leder bestehen, jedoch sind auch Funde aus Stoff bekannt. So wurde mir kürzlich über einen Gürtel berichtete, der aus Tuchbindung mit Leinenkettfäden und Goldlahnschuss(!) bestand.
Eine Antwort
[…] hier meinen Beitrag zu dem Bild […]