Futtern wie bei Rittern
Vergangenes Wochenende war ich auf der Leistungsschau der Bundeswehr dem Hessentag. Ein bisschen verwundert war ich ob der Vielzahl von Fressständen die sonst auf Mittelaltermärkten zu finden sind. Es ist ja altbekannt: Man kommt auf einen Mittelaltermarkt und und muss verwundert mit ansehen wie die Besucher vom vermeindlich rustikalen Rittertopf, Drachenwurst und Brotteig am Stock begeistert sind und und nun fest im Glauben verwurzelt sind man habe nun etwas gegessen wie im Mittelalter.
Das die Tomaten und Kartoffeln erst mit der „Entdeckung“ Amerikas durch Columbus nach Europa kamen stört da nicht. Hauptsache Rustikal.
Am besten kommen da noch irgendwelche belegten Fladenbrote, oder „Konstanzer Pizza“ wie es eine recht interessante Doku des SWR am Sonntag zum Konstanzer Konzil nannte.
Dabei gehts auch anders. Man könnte eine kulinarische Reise durch Europa und wäre erstaunt wie viele regionale Spezialitäten tatsächlich ihren Ursprung im Mittelalter haben!
Beginnen wir in Bamberg. Dort gibt es eine Biersorte von der man das Gefühl hat, die Bamberger hätten eine Patent darauf. Tatsächlich haben sie aber nur eine geschützte Herkunftsbezeichnung für das Bamberger Rauchbier. Es riecht ein bisschen nach Räucherkammer und hat etwas den Geschmack von geräuchertem Schinken.
Dieser Geschmack entsteht durch Räucherung des Malzes. Da es auch früher feuchte Sommer gab und vor allem keine Trocknungsanlagen bei denen das Malz mittels geschmackloser Heißluft getrocknet wurde musste es über dem Feuer getrocknet werden, wodurch es auch Raucharoma aufnahm . In Bamberg wurde aus dieser Not eine Tugend gemacht.
Hyporcras oder Würzwein wahr schon von je her ein Tugend. Bereits die Römer kannten mit dem Mulsum ihre Variante des Gewürzweins. Man schrieb im heilende Wirkung zu und zu dem konnte man wegen der Gewürze und des Zuckers die das Getränk enthält auch Weine minderer Qualität verwenden. Zwei Fliegen, eine Klappe.
Der heutige Glühwein ist im Grunde nichts anderes als Gewürzwein und die Baseler pflegen noch heute die Tradition des Hypocras. Dem Gewürzmix sind dabei keine Grenzen gesetzt (Ich hab selbst schon mal Hypocras mit Chili angesetzt, nicht mittelalterlich aber lecker)
Blanc Manger, die weiße Speise aus Mandelmilch, darf auf keiner gehobenen Speisekarte des Hochmittelalters der postkreuzugs Epoche fehlen. Unter dem Namen Mandelsulz ist sie auch noch heute bekannt und wird sogar von Dr. Oetker angeboten. Auch in der türkischen Küche ist die osmanische Variante Tavuk Göğsü erhältlich, der auch Hühnerfleisch begemischt sein kann. (Auch schon ausprobiert, finde ich eher seltsam den Geschmack, habs vielleicht auch falsch gemacht und das Hünchen zu grob gelassen). Auch die Zutat Mandelmilch ist noch käuflich erwerbbar. In Italien als Latte di Mandorla.
Auch unser Müsli hat seine Wurzeln im Mittelalter. Zwar geht das heutige Müsli auf Herrn Bircher aus der Schweiz zurück, daher der Name Birchermüsli, der es um 1900 für sein Sanatorium entdeckte (vergleiche Kellogs und seine Flocken), doch der soll durch eine Sennerin auf einer Bergwanderung kennengelernt haben. Die hatte dort Getreidematsch mit Früchten kombiniert. Müsli oder Müesli kommt von Mus, also Brei und im Norddeutschen Raum würde man eigentlich Grütze dazu sagen, wenn sich nicht der Name Müsli durchgesetzt hätte. Und nichts anderes ist es auch eine Getreide Grütze mit Früchten. Das Nahrhafte Essen des kleinen Mannes.
Auch die Rote Grütze hat ihren Ursprung in dem Getreidematsch. Irgendwann kam irgendwer auf die Idee das mit Früchten der Saison zu kombinieren, der Getreide Anteil wurde mit der Zeit immer geringer bis nur noch die Früchte übrig blieben: fertig war die rote Grütze.
Und dann sind da natürlich noch die ganze Menge an Fastenspeisen die sich aus dem (späten) Mittelatler erhalten haben, wie Aachener Printen und Nürnberger Lebkuchen oder aber auch die schwäbischen Maultauschen.
Man könnte also mit etwas Suche auch heute noch einiges mittelalterliches finden, abseits von Drachenwurst und Co.
Sorry, aber der römische Mulsum ist ein HONIGWEIN, also Weim mit Honig.
Der römische Würzwein heißt Conditum.
Danke! Da sieht mans wieder: Ich und die ‚öme