Auf dem Weg nach Canossa
Vor kurzem wurde ich gebeten über den Gang nach Canossa zu schreiben. Mir ist das immer etwas Müssig Trebur nur auf den Fürstentag von 1076 zu reduzieren, weshalb ich immer einen Bogen drum gemacht habe. Zumal das Thema ja unendlich Weitschweifig ist, und viel hinein interpretiert wird. Nun tue ich es doch einmal, aber versuche das ganze ein bisschen verständlich zu machen und auch die Hintergründe zu Beleuchten. Ich mach das absichtlich flapsig und verkürzt ums nicht zu verkomplizieren. Im Grunde mach ich also den Knopp, versuch aber dabei nicht allzu viel auszulassen. Wer sich noch mal mit der Fried-Geschichte um Canossa als Vertrag auseinandersetzten möchte, dem kann ich hier die beiden Vorträge von Weinfurter anbieten, den ich mit geschrieben hatte. ( Vortrag in Trebur, Vortrag in Mainz)
Grundlagen
Um die ganze Vorgänge die zum Gang von Canossa führten etwas besser zu verstehen ist es notwendig einen Blick in die Vergangenheit zu werfen und die verschiedenen Standpunkte zu verstehen.
Der Papst – einer unter Vielen
Die Rolle, bzw. der Status den Papst im 11. Jahrhundert plötzlich bekam war eine vollkommen neue. In der Spätantike war er lediglich der Bischof von Rom und somit Metropolit/Patriarch einer Kirchenprovinz. Sein Stand war exakt identisch mit den Patriarchen von Alexandria, von Antiochia, von Jerusalem und von Konstantinopel. Rom hatte hatte lediglich einen Vorrang beim Auftritt oder der Aufzählung wegen der Zurückführung auf Petrus. Ansonsten hatte Rom aber keine Vormachtstellung! Das ist auch der Grund warum man in Byzanz/Konstantinopel nicht sonderlich glücklich ist als man 800 eigenmächtig mit Karl dem Großen einen neuen Weströmischen Kaiser krönt.
Mit der Ernennung der Franken als Schutzherren des Bischofs von Rom begibt man sich zudem in eine Abhängigkeit. Als die Ottonen mit Heinrich I. jedoch die Macht im Reich bekommen ist Rom erst einmal wieder auf sich gestellt. Die Sachsen haben mit den Ungarn und der Reichskonsolidierung erst einmal ganz andere Probleme.
In Rom steppte der Bär. Bereits 882 begann das saeculum obscurum – das dunkle Jahrhundert, das bis 1049 reichen sollte. Von 45 Päpsten in dieser Zeit wurde ein knappes Drittel abgesetzt. Päpste wurden nach belieben vom römischen Adel eingesetzt. Vom „Weiber- und Hurenregiment“ und einer „Pornokratie“ ist die Rede. Da soll schon mal ein Diakon im Pferdestall geweiht worden sein und die Dame vom horizontalen Gewerbe wurde mit Kircheninventar bezahlt (Johannes XII).
Erst unter Heinrich III., der kurzerhand 3 Päpste auf einmal absetzte und seinem Verwandten Leo IX. auf den Papstthron verhalf, wurde dem Chaos einhalt geboten. Heinrich III. und Leo IX. erwiesen sich als eifrige Reformer bzw. Unterstützer von Reformen. Es war aber auch eine Zeit in der die Spaltung zwischen West- und Ostkirche voran schritt. U.A. Exkommunizierten sich Leo IX und sein östliches Pendant gegenseitig, zum Teil über die Frage ihrer Vorherrschaft.
Bei den Franken
Die Franken hatten so ihre ganz eigene Vorstellung von Kirche. Ihre Christianisierung erfolgte nicht durch Rom. Die frühen Märtyrer die im 5./6. und 7. Jahrhundert das Christentum in die germanischen Reichsteile brachten waren iro-schottische Mönche. Erst im 8. Jahrhundert kam der Einfluss Roms durch Personen wie Bonifatius mehr und mehr zum tragen.
Da hatten die Franken aber bereits ihr fränkischen Eigenkirchenwesen. Das bedeutet die Adligen errichteten ihre eigenen Kirchen, meist zum eigenen Seelenheil, denn wo sollte man hin mit der Kohle die man hatte? Man konnte es ja nicht mit ins Jenseits nehmen. Also musste man vor Gott gut dar stehen und man baute also eine Kapelle, eine Kirche oder ein Kloster. Je nach dem wie man finanziell eben da stand.
Diese Einrichtungen mussten natürlich auch betrieben sein und da diese Eigentum des jeweiligen Adels waren konnten diese auch bestimmen wer nun dort drin war. Sie bestimmten also die Investitur!
Mit der Zeit wurden Bistümer und Klöster immer bedeutender. Sie besaßen eigene Truppenkontingente und Herrschaftsgebiete. Für den König ein entscheidender Machtfaktor, den er versuchte mit entsprechenden Besetzungen der Ämter auszunutzen. ( Eine Geschichte aus der Spätzeit in der Trebur und Lorsch eine Rolle spielt hier )
Reformen als Neuanfang
Unter anderem um all dem Übel entgegen zu wirken, das sich im Sündenpfuhl Rom abspielt, kommt es zu Reformbestrebungen. Die Bedeutendste hat ihren Ursprung in dem französischen Kloster Cluny, wonach sie Cluniazensische Reform genannt wird. Zwar bezog sich diese auf das klösterliche Leben, regte aber auch weite Kreise zum Nachdenken an.
So sprach man sich gegen die Simonie aus, also das Erkaufen von kirchlichen Posten, so wie es der römische Stadtadel, allem voran die Familie der Grafen von Tusculum getan hatte.
Am Beginn der Diskussion um die Simonie und die Investitur, also das Einsetzten von weltlichen Personen in kirchliche Ämter, war der römisch-deutsche König außen zunächst vor, da seine Herrschaft als von Gott gegeben angesehen war ( Gotttesgnadentum), und somit auch er den direkten Draht zu Gott besaß. Mit der Zeit aber erweiterte sich die Diskussion und die Stellung des Königs in der Frage der Investitur wurde in Zweifel gezogen.
Der neue Papst
Zu eben jenen Radikalreformern gehörte auch Hildebrand von Soana, der spätere Papst Gregor VII. . Hildebrand war 1054 bei der Papstwahl nicht berücksichtigt worden und als Papst Alexander II. 1073 starb, lies sich Hildebrand vom Volk zum neuen Papst ausrufen. Dabei überging er die erforderliche Dreiviertelmehrheit der Kardinäle und das Mitspracherecht des römisch-deutschen Königs. Dies war 1059 im Papstwahldekret so festgelegt worden um den bisherigen Missständen, darunter Gegenpäpste, entgegen zu wirken.
Gregor hat sich viel vorgenommen. Am liebsten würde er mit eigenen Truppen den Byzantinern gegen die Seldschuken zur Seite stehen, könnte dies doch dem Schisma mit der Ostkirche entgegen wirken. Er will sogar Heinrich IV. als seinen Stellvertreter in Abwesenheit ernennen! (Regesta Imperii: http://www.regesta-imperii.de/id/1074-12-07_3_0_3_2_3_722_722) Doch daraus wird nichts.
Die ersten Konflikte lassen nicht lange auf sich warten. Philip I. von Frankreich gedenkt 1074 in Macon einen neuen Bischof einzusetzen. Der neue Papst schwing die Keule des Entzugs sämtlichen christlichen Heils, dem Inderdikt. Philip gibt klein bei. 1:0 für Gregor.
Wohl in dieser Zeit (so Schieffer) diktiert Gregor VII einige Gedanken. Man würde es wohl heute Brainstorming nennen. Das Dokument „Dictatus Papae“ enthält einige brandheiße Ideen und war wohl nur für den internen Gebrauch gedacht. Enthalten sind so mutige Aussagen wie:
8. Dass er (der Papst) allein die kaiserlichen Herrschaftszeichen verwenden kann
9. Dass alle Fürsten nur des Papstes Füße küssen.
12. Dass es ihm (dem Papst) erlaubt ist, Kaiser abzusetzen.
Und da ist es nun! Der Papst steht über dem König/Kaiser!
Nördlich der Alpen
Heinrich IV. hatte nördlich der Alpen derweil ganz andere Probleme, als sich um den von ihm unlegitimierten Papst zu kümmern. Der sieht in dem jungen König noch einen Helfer in Sachen Reform, hatte doch sein Vater ebenfalls Reformbemühungen unterstützt. Heinrich IV schrieb in einem Brief an den Papst, dass er seine Jugendsünden mit dem letzten Papst bereue und machte Zusagen um Zeit zu gewinnen, denn seit 1073 liegt er im Clinch mit den Sachsen, die die Macht, die sie sich während der Unmündigkeit des jungen Königs aufgebaut hatten, nicht mehr hergeben wollen.
Nach dem sich Heinrich 1075 mit einem Sieg gegen die Sachsen bei der Schlacht von Homburg an der Unstrut etwas Luft verschafft hat, kümmert er sich um Italien… …und will prompt in Mailand einen neuen Bischof einsetzten.
Gregor ist erbost und schreiben einen neuen Brief. Die Vermittlungen scheitern jedoch und der Papst exkommuniziert einige Berater Heinrichs und mahnt ihn an das für ihn als Christ der Umgang mit diesen verboten ist.
Heinrich IV. beruft im Januar 1076 eine Synode in Worms ein und alle kommen.
Die Synode leitete Bischof Siegfried I. von Mainz. Die Bischöfe im Reich fürchten um ihre Macht durch den neuen Papst und unterstützen den König in seinem Bestreben gegen den Papst.
Sie setzten ein Dokument auf in dem Gregor nur mit Hildebrand angeredet wird, er als unrechtmäßig auf dem Papstthron angesehen wird, auf die Göttlichkeit des Könisgamtes verweisen und enden mit den berühmten Worten: “ Ego, H. dei gratia rex cum omnibus episcopis nostris tibi dicimus: descende, descende!/ Ich, Heinrich, durch die Gnade Gottes König, sage Dir zusammen mit allen meinen Bischöfen: Steige herab, steige herab!“
Auf nach Canossa
Der Papst schießt Ende Februar 1076, auf der Fastensynode von Rom zurück , hat er doch gerade noch mit Mainz und Siegfried ein Hühnchen zu rupfen. Die Mainzer hatten Papst Leo IX 1053 bei der Weihnachtsfeier in Worms eine Messe mit Mainzer Ritus aufgedrückt und Siegfried druckste die ganze Zeit nur rum und erschien nicht in Rom wenn er vorgeladen war. Kurzer Hand enthebt Gregor Siegfried und andere Bischöfe ihrer Ämter und belegt sie mit dem Interdikt. Als Hammer erklärt er den König für abgesetzt und exkommuniziert. Er Begründet die Exkommunikation durch den Umgang mit den Exkommunizierten, die Absetzung mit Auflehnung gegen den Papst.
Der Erdkreis soll erbebt haben von dieser Entscheidung. Naja, wahrscheinlich eher vom Applaus der Sachsen und der Adligen, denn deren Chance ist nun gekommen, endlich haben sie etwas gegen den König in der Hand. Aber ein Paar Monate brauchen sie noch um sich wieder zu organisieren und mit den wenigen Anhängern Gregors nördlich der Alpen zusammen zu tun.
Und Siegfried von Mainz beweist einmal mehr sein Geschick als Wendehals und setzt sich an die Spitz der neuen Opposition. Er Organisiert ein Treffen der Opposition, wo man über ein weiteres Vorgehen zum Thema Heinrich beraten will. Die Pfalz Trebur wird dafür ausgewählt, nahe bei Mainz und für alle gut zu erreichen. Und da die Mainzer blöder Weise königstreu sind auch etwas entfernt von diesen. Der Einzige der Trebur nicht gut erreicht ist Heinrich IV, denn der ist gerade auf der westlichen Rheinseite und Siegfried lässt von Worms ab alle Schiffe konfiszieren und hindert den König am überqueren des Rheins.
Während am 16. Oktober 1076 in Trebur die Fürsten beraten, sitzt Heinrich mit seinen Truppen in Oppenheim fest.
Da aber auch die Fürsten sich an gewisse Spielregeln und Gepflogenheiten der Zeit halten müssen um nicht selbst als die Bösen da zustehen , fordern sie Heinrich IV auf sich bis zum Jahrestag seiner Bannung von dieser Beim Papst zu befreien, dafür wählt man keinen neuen König.
Das Finale in den Alpen
Das Ganze ist natürlich vom Timing her geschickt gewählt. Es ist Herbst. Der Papst erst auf dem Weg nach Augsburg wo man sich im Februar 1077 treffen will um sich zu einigen. Der Terminplan ist damit verflucht eng. Wenn der Winter hart wird, schafft es Gregor nicht pünktlich nach Augsburg und alles ist gelaufen. Zudem berichten auch einige Quellen das der Termin bereits im Januar ablaufen würde, was Heinrich bedeuten würde das der Februar Termin ohnehin zu spät wäre.
Heinrich beschließt also sich auf den Weg dem Papst entgegen zu machen.
Die Herzöge versperrten jedoch die Alpenpässe um es ihm noch schwerer zu machen, was Heinrich da zu bewegte den Umweg über Burgund zu machen um in Richtung der Burg von Canossa zu kommen wo der Papst überwinterte. Eigentlich ein Selbstmordkommando, doch Heinrich schaffte es und wird vom Bann gelöst.
[…] None of this is recorded in known historical sources, but is quite plausible for several reasons. First of all,…
[…] historian linked to the Tribur Palts, provided a positive answer to this question. He reconstructed the itinerary of Emperor…
Auch Frau Danker wusste das der stählerne Glockenestuhl 1961 einen Stahlglockenstuhl ersetzt hat, Der alte Holzglockenstuhl von 1844 hat dem…
[…] Trackback: Geschichte und so Zeugs » Ein ♥ für Blogs […]
Hallo Herr Wittmer, Hallo Thomas, das stimmt und wieder nicht. Tatsächlich ist das Wappen in die Wappenrolle mit dieser Beschreibung…