„Die Leute vom Domplatz“ DVD-Edition
Man stelle sich vor ein Fernsehsender nähme sehr viel Geld, und die neuste Technik in die Hand um eine Serie für das „Kinderfernsehen“ zu drehen. Was würde heute herauskommen? Bestimmt nicht „Die Leute vom Domplatz“ !
So aber war es 1979 als die Dreharbeiten für „Die Leute vom Domplatz“ nach einem Jahr Recherche begannen. Ich selbst war mehr als erstaunt , dass es sich dabei um eine für das Kinderfernsehen produzierte Sendung handelt, wo sie doch mehr Wissen vermittelt als alle Folgen „die Deutschen“ zusammen.
Die Inspiration für die Serie kam durch die erfolgreiche Ausstellung „Die Zeit der Staufer“ 1977 in Stuttgart. Für die Wissenschaftliche Beratung konnte Dr. Werner Schäfke gewonnen werden, der später auch Bücher wie „Kölns romanische Kirchen: Architektur, Ausstattung, Geschichte “ veröffentlichte. Für die Dreharbeiten wurde extra eine Ikegami HL77 Handkamera gekauft. Dieser, für heutige Verhältnisse, riesige Kasten ermöglichte erst die Aufnahmen, die diese Serie ihren Flair verschaffen. Zwar baute man ein einen Straßenzug im Maßstab 1:1 nach, doch einen gotischen Domchor hätte man nicht in Originalgröße bauen können. Man baute also ein großes Modell der Stadt mit Dom, durch das sich die Handeldkamera bewegen konnte, während die Schauspieler mit dem damals im Fernsehen recht neuen Verfahren der Bluebox vor einem blauen Hintergrund gefilmt und im Anschluß beide Bilder miteinander kombiniert wurden.
Die Story:
1220 in einer ungenannten Stadt am Rhein erheben sich die Patrizier gegen die neuen Zölle des Bischofs. Man jagd den Bischof aus der Stadt, dabei fängt der Palast des Bischofs Feuer, welches auf den angebauten Dom überspringt. Nur ein Wunder in Form von nächtlichem Regen kann die Stadt vor der Vernichtung retten. Noch in der gleichen Nacht schwört ein Patrizier den Dom wieder aufzubauen. Und so geschieht es. Zunächst sträubt man sich gegen die neue französische Bauart, die Gotik, die der neue Bischof bevorzugt. Doch 1222 können die Bauarbeiten beginnen.
Bis 1254 verfolgt man nun die Geschicke einzelner Familien in der Stadt, das Fortschreiten des Dombaus, politische und wirtschaftliche Konflikte bis hin zum Beitritt der Stadt zum Städtebund mit Mainz, Oppenheim, Worms und Speyer.
Auch wenn die Stadt ungenannt bleibt, und es parallelen zu St.Viktor in Xanten gibt, lassen sich doch durch Anspielung der süddeutsche Raum am Rhein als Handlung erkennen. So stand das Münster in Freiburg (Baubegin 1230), genauso wie das Straßburger Münster (Doppelturmanlage) Pate für die Geschichte. Auch das in der Serie vorkommende Geschlecht der Mähringer, erinnert stark an die Zähringer, die in Freiburg agierten. Zumal der Südwestfunk aus Baden Baden ausführende Sendeanstalt war.
Die Austattung der Serie lässt so manche heutige Dokumentation alt aussehen auch wenn man bisweilen fragt wer da manche Details wie Lanzenspitzen, Strickkettenhemden oder die eine Fechtszene verbrochen hat (musste die sein?). Man lies extra für die Serie Repliken von Keramiken und Gläsern im Elsaß herstellen und auch die Kleidung ändert sich in den dargestellten Zeiten.
Die Wissensvermittlung ist geschickt und unaufdringlich in die Geschichte des Dombaus eingeflochten. Fällt ein Begriff wie Reichsacht, wird dieser erklärt in dem einem Protagonisten der sich unbeeindruckt zeigt eindringlich die Folgen für sein Holzgewerbe außerhalb der Stadt erläutert werden. Der französische Baumeister erklärt dem Gesellen wie man mittels Zirkelschlag den rechten Winkel ermittelt und dem alten Baumeister die Besonderheiten der Gotik. Die Tochter, ohne Gebende oder Kopftuch, darf erst heiraten wenn der verwitwete Vater durch eine neue Heirat versorgt ist. Die alte Großmuter spricht mehr oder weniger heimlich bei einer Verletzung noch den zweiten Merseburger Zauberspruch. Das Interregnum und die vorangehenden Konflikte werden genauso angesprochen wie Ketzerei, Inderdikt , Stadtrechte usw.
Die Inszenierung dürfte dagegen führ viele, mit heutigen Sehgewohnheiten sozialisierten Menschen für Verwirrung sorgen. Die Bildern sind ruhig, oft spielen sich halbe Folgen kammerspielartig in einem Raum ab. Es erinnert alles an die gute alte Zeit des „kleinen Fernsehspiels“
Die jetzt erschienene DVD Box enthält 3 DVDs mit allen 13 Folgen der Serie, sowie das parallel entstandene Making-of und ein 16 seitiges Bocklett. Weitere Extras sind nicht vorhanden, was aber auch nicht weiter ins Gewicht fällt bei 390 Minuten Laufzeit der Serie plus 30 Minuten Doku. HD darf natürlich nicht erwartet werden, die Qalität ist aber auf jeden Fall ok. Die DVD-Box kostet bei Amazon 24,99€.
Nun ist es schwer für mich eine klare Empfehlung abzugeben, da ich die Serie bereits als Kind bei ihrer Erstausstrahlung (auf schwarz-weiß!) sah und ich daher eine ganze Menge Kindheitserinnerungen verbinde, was den objektiven Eindruck trübt. Es ist aber klar das die Sendung ihrer Zeit weit vor raus war, die Abkehr von der Betrachtung königlicher Personen und das in den Mittelpunkt rücken einfacher Handwerker als Protagonisten ist noch heute eine Seltenheit, obwohl sie immer wieder empfohlen wird..
Aber dennoch würde ich sie zumindest jedem ans Herz legen der a) sich für die Zeit der Staufer interessiert , b) gerne Geschichtsdokus sieht und c) der Guido Knopp heißt.
PS: Was ich sehr witzig finde ist die Darstellung der Stadt, die zunächst nur eine Wall-Graben-Anlage besitzt, wie sie auch Trebur zu jener Zeit besaß. Erst in der Zeit in der Trebur verpfändet wird, bekommt die Stadt eine Mauer. Zeigt auch sehr schön das Trebur zu der Zeit den Sprung eben nicht geschafft hat, weil die „echten“ Städte dem ländlichen Raum den Rang abliefen.
Danke Christian, tatsächlich war ich vor 2 Jahren dort, muss aber gestehen das ich den Textilien wenig Aufmerksamkeit geschenkt habe.…
Hi. Bin grad über den Artikel gestoßen. Wenn du mal in die Nähe von Hildesheim kommst: Im dortigen Domschatz befinden…
Nein aktualisiert nicht. Die müsste noch in der Variante wahrscheinlich noch irgendwo in meinem Archiv schlummern
Hallo Markus, hast du die Karte zwischenzeitlich zufällig für einen anderen Post/Vortrag/Ausstellung aktualisiert?
Pfalz Derenburg, es fehlt mi ein gesicherter Lageplan der Pfalz und der Vorburg