Scheiß Jubiläum
Trebur hat dieses Jahr ein richtig beschissenes Jubiläum! 1941 meldete der Bürgermeister von Trebur Heinrich Bonn den Ort als „Judenfrei“.
Trebur hat , wie viele andere Orte auch , das Thema bisher gut unterdrückt. Und das obwohl die Synagoge noch bis 1969 stand! In den Novemberpogromen war sie nicht zerstört worden!
Das Fachwerkhaus, im Bild ist das Wohnhaus, das vor der Synagoge stand. Die Synagoge selbst war eine Scheunensynagoge und besaß ein hözernes Tonnengewölbe. Bilder davon existieren wohl nicht. Was aber noch existieren soll, ist ein Brunnen, der als Mikwe gedient haben soll. Ob er tatsächlich aus dem 13. Jahrhundert stammt kann ich schwerlich sagen.
1936 werden im Ortsgrundbuch von Trebur noch folgende jüdischen Hausbesitzer genannt.
Adolf Levy 1936 Krummgasse 17 (1936 P.Nr. 94) ?
Lina Hüffelsheimer (Hiffelsheimer?) 1936 Hauptstraße 28 (1936 P.Nr. 129) (Sidonie Hiffelsheimer getötet 7. September 1940, Brandenburg a. d. Havel, Tötungsanstalt)
Franz Faißt 1936 Hollergasse 6 (1936 P.Nr. 136) ?
Albert Goldschmidt 1936 Hauptstraße 46 (1936 P.Nr. 203) (am 11. / 12. 11. 1941 von Frankfurt nach Minsk ins Ghetto deportiert)
Jüdische Gemeinde 1936 (1936: Nauheimer Straße 4 / P.Nr: 592)
Gustav Rosenbaum 1936 (1936: Nauheimer Straße 9 / P.Nr: 15) (getötet 05. Dezember 1940, Gurs, Internierungslager)
(Quelle: Ortsgrundbuch 1936 Trebur, Bundesarchiv hier auch alle getöteten Treburer Juden)
In Geinsheim, dem Ortsteil in dem ich wohne, rühmte sich 1934 der erste Ort im Kreis Groß-Gerau zu sein der „Judenfrei“ war.
Warum ich gerade jetzt darüber schreibe? In Trebur scheint man endlich darüber nachzudenken ob man nicht doch Stolpersteine installiert! Wird auch Zeit!
Hier weiterführende Links (nicht nur für Trebur): Vor-dem-Holocaust.de (Bilder vom jüdischen Leben in Trebur), alemannia-judaica über Trebur
Man hat in der Nachkriegszeit, vor allem in den 60er-Jahren, übrigens auch
reihenweise alte Kirchen weggerissen, die den Krieg eigentlich recht gut überstanden
haben – auch in meinem einstigen Geburtsort in Oberbayern. Das war eben damals der „fortschrittliche“ Zeitgeist.
Von einer quasi verkappt nazistischen Gesinnung, die da unter der Oberfläche
weiter vor sich hin brodelte und die das jüdische Erbe gering schätzte, kann man also
nicht pauschal ausgehen.