Darstellung eines Bindegürtels des späten 11. Jh.
Was Gürtel im 11. Jahrhundert gibt es einige Funde von D-Schnallen, doch diese sind weder so zahlreich, noch so prunkvoll wie in früheren Jahrhunderten. Auf plastischen Darstellungen, wie etwa den knienden Trägern des Krodo-Altars sind keinerlei Gürtel zu erkenennen, ebenso in Handschriften. Meist fällt die Tunika in Falten über den Hüftbereich und verdeckt so den Gürtel.
Der Freund des Normannendarstellers, der Teppich von Bayeux, zeigt zwar Gürtel, jedoch nur als angedeuteten Streifen in der Leibmitte ohne das ein Verschluß zu erkennen ist.
Das Bild dort oben zeigt jedoch einen Gürtel. Vor geraumer Zeit war es schon einmal in einigen Foren zu sehen, der Urheber des Fotos bin ich. Aufgenommen habe ich es am 17. Juni 2007 um 16:43 Uhr in der Normandie, genauer gesagt in der Abbaye Saint-Vigor in Cerisy-la-Forêt/Maine. Die Abtei gilt als Meisterwerk der normannischen Romanik und wurde bereits im 6. Jahrhundert gegründet. Der heute noch sichtbare Bau wurde 1032 von Robert dem Prächtigen, Herzog der Normandie und Vater von Wilhelm dem Eroberer begonnen. Ab 1811-12 wurde die Fassade der Klosterkirche aus dem 13. Jahrhundert und die ersten 5 Joche des Langhauses abgerissen, 3 Joche , Querhaus und Apsis blieben jedoch erhalten. Und genau am ersten Südpfeiler befindet sich die obige Darstellung auf einem Kapitell! Glück gehabt!
Deutlich ist auf der Darstellung ein Mann in Tunika zu erkennen. Die Tunika ist besitzt einen gefassten V-Auschnitt, die in der Front geschlitzt ist. Ärmel- und Rocksäume sind ebenfalls gefasst. Um die Hüften trägt der Mann einen Gürtel, dessen beide Enden, leicht ausgestellt , nach unten Fallen. Wahrscheinlich ist der Gürtel geknotet, eine Schnalle ist auf jeden Fall auszuschließen.
In den Händen hält der Mann Seile oder Taue. Ein Hinweis um wen es sich handeln könnt: der heilige Cuthman von Steyning (dt: Gutmann) einem angelsächsischem Eremiten. Cuthman soll Hirte mit einer gelähmten Mutter gewesen sein, der, um seine Mutter zu transportieren einen Karren besaß an dem zwei Seile zum Ziehen befestigt waren. Als die Seile rissen sah er dies als Zeichen Gottes und baute an dem Ort an dem dies geschah, Steyning, eine Kapelle und ein Haus.
Was hat jetzt der Angelsachse an einem normannischen Kapitell zu suchen? Die Normannen haben doch schließlich das angelsächsische England erobert und nicht umgekehrt! Das löst sich recht simpel auf und hilft bei der Datierung des Kapitels.
Die Kirche in Steyning ging nach 1066 und der Eroberung Englands in den Besitz der Abtei Fecamps in der Normandie über, die die Kirche in eine Abtei umwandelten und die Gebeine des Heiligen mit nach Fecamps nahmen. Um 1090 wird wohl in Cerisy-la-Forêt das Langhaus erbaut und 1110 beendet (Die Datierung hat die französische Wikipedia stammt übrigens von Philippe Gavet, den ich ja neulich hatte, deckt sich aber mit dem Kirchenführer) zu dieser Zeit war der Heilige in der Normandie soweit etabliert, dass er auf einem Kapitell auftauchen konnte und auch einige normannische Familien den Heiligen als ihren Hausheiligen ansahen.
Eine weitere Möglichkeit wäre, dass sich die Darstellung auf den biblischen Samson bezieht, der gerade dabei ist die Seile mit denen er gefesselt war zu zerreißen und gleich die Philister mit dem Eselskinnbacken angreifen wird ,aber es sieht doch eher aus als hält er etwas , als das er die Seile zerreißt.
Als ich die Klosterkirche übrigens besuchte, schüttete es in Strömen und kleine Bäche flossen durch die Kirche. Kein schöner Anblick.
Hier Gavets Informationen zur Klosterkirche, hier die französische Wiki zur Klosterkirche
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