Elisabeth von Thüringen und Konrad von Marburg
Gestern hatte ich ganz lapidar Elisabeth von Thüringen erwähnt und hab selbst noch mal nach ihr und ihrem Beichtvater Konrad von Marburg nachgelesen.
Die Geschichte der Beiden, in heutige Zeit versetzt, wäre ein Thema für jede Zeitung!
Ein charismatisch, asketischer Wanderprediger, lernt die Thüringer Top-Familie kenne und wird deren religiöser Berater. Er lernt dort die 19 jährige Frau des Familienoberhaupts kennen und setzt sich in den Kopf sie vor dem Teufel und der ewigen Verdammnis zu retten. Er berät sie so gut, das der Ehemann auf eine weite Reise geschickt wird von der er nicht wiederkommt. Er beantragt bei der höchsten Stelle die Vormundschaft , erhält diese und holt die junge Frau zu sich nach Marburg.
Diese hat mittlerweile von der Idee gehört man könne Gott dienen in dem man alles verschenkt und wie ein Bettler durch die Gegend ziehend lebt. Dem Prediger gefällt diese Idee eher weniger. Er schärft ihr ein das sie mit ihrem Geld, das er verwaltet, viel mehr Gutes tun könnte als es einfach zu verschenken. Im Namen seines Glaubens prügelt er dies der jungen Frau, im wahrsten Sinne des Wortes, immer wieder ein, nicht ohne ihr zu versichern das die Prügelei ein Weg zu Gott sei.
Im Alter von nur 24 Jahren stirbt die junge Frau.Der Prediger lässt sie als Heilige feiern und sucht sich neue Opfer unter den Reichen, bis er an den Falschen gerät den er nicht hinrichten lassen kann. Dieser lässt den Prediger ermorden.
Das ganze hört sich sehr nach einem psychopathischen Sadisten an, der in dem Mädchen sein perfektes Opfer gefunden hat.
Dies mag auch so stimmen und selbst zeitgenössische Quellen sollen über Konrad berichten das er sozial auffällig gewesen sein soll. Wenn ich jetzt schreibe, es waren eben andere Zeiten in denen beide lebten, so hört sich das gewaltig abgedroschen an. Aber was war das für eine Zeit?
Wir befinden uns Anfang des 2. Viertels des 13. Jahrunderts. Die Welt befindet sich im Umbruch. Die Minne befindet sich auf einem Höhepunkt. Die Lepra grassiert. Der Weltuntergang ist 200 Jahre überfällig. Lokale Fürsten streiten um die Vorherrschaft. Welfen und Staufer führen Stellvertreterkriege. Das Reich wird von einem italienisch-normannischen Deutschen regiert, der seine „Muttersprache“ nicht wirklich beherrscht und der einen Welfen vom Thron verdrängt hat und wegen des Nichteinhaltens eines Kreuzzugsversprechen vom Papst gebannt ist.
Der letzte Kreuzzug ins heilige Land war ein Fiasko und Jerusalem ist seit Jahren in feindlicher Hand.
War der klösterliche Glaube bisher durch die Benediktiner und ihrem Leitsatz „ora et labora“ (bete und arbeite) geprägt, tauchen nun immer mehr christliche Glaubensgemeinschaften auf die dem asketischen Ideal folgen , meist von Laien geführt, die sich nur noch für das Beten begeistern, alles Weltliche, auch Kirchenbesitzt, verabscheuen und sich absondern. Viele von ihnen werden als Häretiker gejagt und getötet.
Waren früher die Ritter nur Aldige, verarmen kleinere Adelige immer mehr, reiche Geschäftsleute, die sich die nötige Ausrüstung leisten können, werden nun plötzlich Ritter und heuern als Söldner bei den zahllosen Konflikten an.
In Italien beschließt der Sohn eines reichen Tuchhändlers aus Umbrien den Plan Ritter zu werden fallen zu lassen, allem Weltlichen zu entsagen und ebenfalls ein Leben mit nichts außer Gottes Güte zu beginnen. Im Gegensatz zu vielen Anderen jedoch, gibt sich Franz von Assisi nur als Bettelmönch aus und versucht nicht die gesamte Kirche zu reformieren, was ihm die Existenz sichert.
Und Elisabeth von Thüringen und Konrad von Marburg?
Elisabeth war eine ungarische Prinzessin, die mit 4 Jahren an den Thüringer Hof kam um den zukünftigen Landgrafen zu heiraten. Das Frauenbild jener Zeit war von den Leitbildern wie einer Hildegard von Bingen geprägt und ein Leben in frommer Demut entsprach dem Idealbild jener Zeit.Keusch, genügsam und religiös gebildet sollte die Frau von Adel jener Zeit sein und in diesem Sinne wurde Elisabeth erzogen, wobei sie mehr in diesem Ideal lebte als von ihre und ihrem Stand erforderlich gewesen wäre.
Mit 14 wurde sie mit ihrem 17 jährigen Mann verheiratet und schenkte ihm 3 Kinder. Elisabeth war vom Armutsideal des franziskanischen Laienbruders Rodeger, ihrem Beichtvater, und den Franziskanern fasziniert.
1226 kam jedoch Konrad von Marburg an den Hof und wurde dort Berater und übernahm die Position Rodegers als Beichtvater. Der gebildete und charismatische Konrad hatte viel weitreichendere Antworten und Weisheiten zu bieten als der Laie Rodeger. Konrad war auf Grund seines asketischen Lebenswandels und seiner charismatischen Reden vom Papst zunächst zur Kreuzpredigt, das Anwerben für den Kreuzzug, ausgewählt worden und wurde später dann zum Inquisitor ernannt.
Er hatte sehr wahrscheinlich eine Ausbildung in Paris erfahren, trug den Titel eines Magisters und stand den Prämonstratensern nahe, ohne jedoch in irgendeiner Weise Ordensmitglied zu sein.
So kam es das Elisabeth bei der Ernennung Konrads zu ihrem Beichtvater ein Gelübde ablegte wonach sie Konrad Gehorsam leisten würde, wenn dies nicht die Rechte des Landgrafen einschränkten und sie wolle ewig Keusch leben falls ihr Mann vor ihr sterben würde.
1227 nahm ihr Mann das Kreuz und zog in den 5. Kreuzzug von dem er nicht zurückkehren sollte, Konrad hatte ihn dazu bewogen. Er erhielt vom Papst auf sein Betreiben hin einen apostolischen Schutzbrief für Elisabeth. 1228 kommt es zum Streit zwischen beiden: Elisabeth will sich, entgegen ihrem Stand, von allem lossagen und ein vollkommen mittelloses Leben als Bettlerin führen, anstatt ins Kloster zu gehen. An Karfreiteg des gleichen Jahres sagt sie sich in einem Gelübde von allem weltlichen Glanz, Familie und Kindern los.Konrad holte sie nach Marburg wo mit dem Bau eines Spitals begonnen wurde untersagte ihr den Umgang mit ihren Vertrauten Guda und Isentrud von Hörselgau, da sie durch diese zu sehr an ihr früheres Leben erinnert werden könnte. Die letzten Jahre ihres Lebens verbrachte sie als Spitalschwester, wobei sie von Konrad immer wieder gedemütigt und geschlagen wurde um ihre die absolute Demut beuzubringen. Im Alter von 24 Jahren stirbt Elisabeth im 1231. Als der Leichnahm aufgebart wird, wird er von den Gläubigen gefleddert, die versuchen eine Reliqiue von der Toten zu bekommen. Konrad treibt die Heiligsprechungs Elisabeths voran. Er wurde 1233 ermordet und galt bereits zu Lebzeiten als Sadist und Inquisitor der mit fragwürdigen Mitteln arbeite, wurde aber ebenfalls heilig gesprochen.
Man könnte behaupten mit Konrad und Elisabeth haben sich zwei gefunden. Die eine will die absolute Demut, der Andere will jemanden nach seinem eigenen Armutsideal formen. Eigentlich eine perfekte Sub-Dom-Beziehung. Ob sich Elisabeth, wie manchmal erzählt wird während ihrer Ehe nachts heimlich aus dem ehelichen Schlafgemach stahl um sich auspeitschen zu lassen, ob der sexuellen Natur des ehelichen Zusammenlebens und damit eine fast zwanghafte sexuelle Ersatzhandlung praktizierte lässt sich nur vermuten. Nach heutigen Maßstäben würde das Urteil vielleicht so ausfallen, wenn sie es bewusst als sexuelle Ersatzhandlung empfunden hätte, wäre sie wahrscheinlich auf Eisbäder umgestiegen.
Ihr junger Tod sollte in ihren und Konrads Augen lediglich wohl eher zeigen das sie die ultimative Askese gelebt hatte und sich nur vom sündigen weltlichen leben verabschiedet hatte. Vielleicht vergleichbar mit dem Sokushinbutso buddistischer Mönche, ohne den Faktor des geplanten Selbstmords.
Quellen: Wikipedia Elisabeth von Thüringen und Konrad von Marburg, Hausarbeit zum Thema sowie „Crown Loaves and Roses – 800 years Elizabeth of Hungary“ Austellungskatalog zum Elisabeth Jahr 2007 (Ja ich hab die englische Version, weil ich die für Umme bekommen hab 😉 )
interessant, aber:
– schmale Quellenbasis
– Kommafehler u.Ä. stören etwas
– schnoddrige Sprache auch (Generationenproblem?)
Beste Grüße