Die Kathedrale von Wells
Am Montag lief die letzte Folge von „Säulen der Erde“ und wie es der Teufel so will hab ich die letzten 2 Minuten gesehen und da strahlt mich die Kathedrale von Wells an. Dabei war doch Salisbury Vorbild für Follet… vielleicht referiere ich auch mal über die.
Nun hab ich nicht nur ein Faible für Pfalzen, sondern habe mich in meiner Jugend ein bisschen (sehr) mit englischer Gotik befasst und nutze das mal im ein bisschen um über dieses Schmuckstück englischer Baukunst zu schreiben.
Grundlegend ist erst mal das wenn man sich mit englischer Gotik befasst, sich klar werden muss das es zunächst einmal keine wirklich eigenständige englische Gotik gibt. Punkten. Wie immer kam die Gotik aus Frankreich und wir wissen ja das England und Frankreich seit 1066 ein ähh etwas interessantes Verhältnis haben.
Grundlegend ist aber das Wissen das die englischen Kathedralen kleiner sind als die französischen Vorbilder. Als bestes eignen sich die Kathedralen von Salisbury und Amiens zu einem Vergleich, da beide 1220 begonnen wurden und 1260, bzw. 1269 beendet wurden. Die englischen Kathedralen sind niedriger und die Mittelschiffe wesentlich schmaler, dafür aber sind sie länger als die Französischen. Die meisten englischen Kathedralen besitzen auch keinen Umgangschor, sondern lediglich einen rechteckigen Chorabschluß, wie er bei uns eigentlich nur bei Zisterzienserabteien vorkommt.
Aber jetzt zu Wells! Wells liegt im Westen Englands, einem Landstrich der sich recht lange gegen die neuen Bauformen der Romanik der Normannen gesträubt hatte, bzw. ihn aufgrund der schlechten Verkehrswege erst spät erreichte. Wells war eines der bedeutendsten Bistümer Englands, wurde aber im späten 11./frühen 12. Jahrhundert mit Bath zusammengelegt und Bischof John of Tours (Johann de Villua, natürlich Normanne 😉 ) wählte Bath als seinen Bischofssitz und begann sofort mit einem Kathedralen Neubau der erst mitte des 12. Jahrhunderts beendet wurde. Die Kanoniker von Wells befürchteten das Absinken zu einer reinen Kollegiatskirche und stritten mit den Mönchen von Bath um Wahl und Weiherechte des Bischofs. Papst Alexander III. bestimmte 1176 als Titel des Bischofs „Bischof von Bath“, ernannte aber beide Kirchen zum Sitz und Wahlort des Bischofs.
1180 begann Bischof Reginald mit dem Neubau eines Domes in Wells. Man versuchte damit in Konkurrenz zu Bath zu treten. 1184 trat auch Glastonbury nach einem Brand in diesen Wettstreit ein, dessen Abt Mitglied des Domkapitels von Bath war.
Der Bau in Wells verließ die axiale Beziehung zum Marktplatz und wurde nördlich des alten Doms errichtet, wodurch man eine genügend große Freifläche für die Westfront erhielt. Als Glastonbury in den Wettstreit eintrat sperrten die dortigen Mönche die Steinbrüche und die Baumeister aus Wells mussten auf andere Brüche mit wesentlich poröserem Stein ausweichen, was aber nur bei näherer Betrachtung auffällt. Der Aussenbau ist relativ undurchgegliedert, da nur die Westseite als Schauseite konzipiert wurde.
Der Baumeister selbst ist unbekannt, stammte aber wohl aus der Bauhütte von Worcester, was sich anhand der Grundmotive mit denen er Arbeitet (Drillingschäfte, Rollenprofiele, Wulstgesimse und Rosetten) zeigt. Der Baumeister muss auch die Arbeiten von Canterbury gekannt haben, was das in den Emporen verborgene Stützsystem zeigt.
Wie in keiner anderen Kathedrale dieser Zeit werden in Wells die romanischen Schmuckformen und Gliederungen aufgegeben und gotische verwendet. Trotz der enormen Mauerstärke, die ihre Wurzeln noch in der Romanik hat, gelingt es dem Baumeister die Architektur plastisch auszuformen.
Der Obergaden ist recht schmucklos gestaltet, was zisterziensischen Einflüssen zugeschrieben wird.
Der Bau der Kathedrale von Wells wird 1239 (vorerst) beendet und wirkte im Vergleich mit Glastonbury wie ein Bau aus der Postmoderne im Vergleich mit einer Jugendstil Villa. Es ist der erste echte Bau der englischen Gotik
Ab 1240 zieht in England eine neue gotische Ausformung ein der „decorated“ der das „early english“ ablöst und auch Verwendung in der walisischen Burgenbaukunst findet. Auch die Kathedrale von Wells erfährt in den 1330ern Veränderungen. Die Kathedrale von Wells erhält einen neuen Chor und als um 1338 das Gewicht des Vierungsturmes beginnt das Kirchenschiff auseinander zu drücken zieht unter der Vierung die „scissor arches“, die Scherenbögen ein.
Zwar gibt es Vorbilder dafür in Salisbury und Bristol, jedoch ist die Konstruktion in Wells ihrer Art einzigartig und stellt den Höhepunkt des „decorated“ dar!
Ab 1365 wird auf der Westfront der erste Turm errichtet im 15 Jahrhundert folgt der Zweite.
Vielen Dank für die unglaublich vielen interessanen Artikel im letzten Jahr. Ich weiß gar nicht, wie Du das neben der…
Ein kurzer Gruß von einem stillen Leser, mit den besten Wünschen fürs neue Jahr! Danke für dieses schöne inspirierende Blog!
Ja, hattest Du ja schon oben im Text geschrieben. Ich hatte es vergessen. Aber auch von dort hätte er rasch…
Wenn ichs richtig im Kopf habe war er in Worms, Lorsch, Salmünster und Weihnachten dann in Regensburg. Aachen wurde wohl…
PS: wenn Karl III zur Zeit des Überfalls auf Paris (November 885) noch in Ostfranken ist (ggf. Aachen, das ja…