Meine 5 Cent zu Wikileaks
Ich hab lange überlegt ob ich irgendwas zu Wikileaks schreiben soll und hab mich nun dafür entschieden, aber ich poste es auch ausserhalb meiner regulären Zeiten, damit das normale Treiben nicht so aus den Fugen gerät und sich nicht so viele davon genervt fühlen…. Also wer nicht will, brauchts nicht lesen!
Als am 28. November die Cables von Wikileaks veröffentlicht wurden war es eher ein leichtes Kopfschütteln das durch durchs Volk ging. Teflon-Merkel, unfähiger Außenminister, verbitterter Schäuble, Putin das Alpha-Männchen… alles Aussagen die man schon mal in so oder in anderen Tönen gelesen , selber gesagt oder irgendwo aufgeschnappt hatte. Meine Verwunderung über die allgemeine Empörung der Veröffentlichung war groß: Warum sollten Diplomaten denn nicht auch Menschen sein? Was sollte sie daran hindern genauso zu denken wie jeder andere auch und ihre ehrliche Meinung ihrem Vorgesetzten mitzuteilen, wenn sie darum gebeten werden? Was ist daran Skandlös? Skandalös ist daran höchstens das die USA nicht auf ihre Daten aufpassen, was aber auch erst wieder bekannt wird wenn sie veröffentlicht werden. Assange und seine Leute hätten die Daten den USA natürlich zum Rückkauf anbieten und ´ ne Menge Kohle machen können. Das wäre aber nicht Sinn und Zweck der Übung.
Nach und nach zeigt sich das die Cables auch mehr enthalten als persönliche Einschätzungen irgendwelcher drittklassiger Diplomaten. Ein in Spanien entstehendes Netzsperrengesetz wurde wohl von den USA diktiert (hier boingboing dazu), ein im Jemen abgestürztes Iranisches Flugzeug soll in Wirklichkeit eine US Drohne gewesen sein (hier Nah-Ost.info), die Saudis sollen das Abschlagen des „Iranischen Kopfes“ gefordert haben , Hillu Clinton wollte UN bespitzeln (hier die FR), Manipulation des Klimagipfels (Guardian) und wahrscheinlich noch so einiges mehr von dessen Sprengkraft wir zur Zeit noch nichts wissen. Und darauf deutet auch das hin was als nächstes passiert:
EveryDNS.net schaltet die Domain wikileaks.org ab, mit der Begründung Angriffe auf die Domain könnten andere Kunden gefährden. Was ist das denn für eine hirnlose Begründung? Hier sind wohl ddos Attacken gemeint, doch wer sollte diese durchführen? Von Hackern allgemein oder Anonymous wohl kaum, Assange ist einer der Ihren, ein Held und hat auch nicht die Trolle gefüttert. Die US-Regierung hat es probiert, konnte das ganze aber nicht lange durchhalten. Was liegt näher als dem neuen Staatsfeind Assange zumindest den einfachen Weg über den Domainnamen zu versperren. Und scheinbar gibt es international noch mehr Druckmittel, welche an der Unabhängigkeit so mancher Organisation zweifeln lässt.
Julian Assange wird nun wegen Vergewaltigung mit internationalem Haftbefehl gesucht, dessen Anklage scheinbar zweifalhaft ist (hier der Tagesanzeiger aus der Schweiz) und seltsamer Weise gibt es nur sehr wenige (bestätigte) Verbrecher , für die ein ähnlicher Aufwand betrieben wird. Paypal schließt das Spendenkonto Wikileaks, Amazon schmeißt Wikileaks von seinem Server, die Schweizer Postbank kündigt Assange (war die Schweiz nicht mal irgendwann neutral und hat sich recht wenig um die Konten ihrer Kunden geschert?), in den Trending-Topics von Twitter erscheint Wikileaks nirgends, dafür der Nikolaustag (hier bei Netzpolitik.org). Ad-Sinistram.de blogt über die Manipulation der Berichterstattung mittels Fotos, was mich sehr an diese Geschichte des O.J.Simpsons Foto auf dem Cover der Time erinnert, bei dem das Gesicht „schwärzer“ gemacht wurde und konservative Amerikaner vordern den Kopf von Assange.
Es hört sich alles an als befänden wir uns in einer Mischung von Cyberpunk-Thrillern á la Gibson, Spionagethrillern von Tom Clancy und einem Comic von Alan Moore. Wo wir schon beim Anarchismus wären. Der Anarchismus hat erst mal rein gar nichts mit Gewalt zu tun und Assange scheint Anarchist zu sein. (Hierzu der empfehlenswerte Artikel der sueddeutschen).
Ob Julian Assange ein arroganter, egozentrischer Selbstdarsteller mit Messiaskomplex ist weiß ich nicht. Gut möglich. Dennoch halte ich die Arbeit von Wikileaks für wichtig. Sie scheint meine Vermutungen über die Politik im Allgemeinen und die Machtbesessenheit und die Korruptheit der Politiker im Speziellen zu bestätigen. Sie zeigt das wir nur noch von Poltikern weltfremder Natur regiert werden, die ihr eigenes Süppchen kochen und dem Volk, von dem ja alle Macht ausgehen sollte (Art 20 GG Absatz 2) nur das vorkaut was es gefälligst zu denken hat.
Wikileaks versucht das den Menschen aufzuzeigen und die Politik versucht dies mit den verschiedensten Mitteln zu verhindern. Wahrscheinlich werden die Politiker wieder erfolg haben. Vielleicht, aber auch nur vielleicht, ist das aber der Beginn einer neuen Ära.
PS:Ich glaube nicht das sich die Veröffentlichungen letztendlich schlecht auf die internationale Diplomatie auswirkt, wenn die Politiker auf der Welt wissen was sein Gegenüber von ihm denkt. Er musste doch sogar schon immer damit rechnen das sein Gegenüber anders denkt, er gute Miene zum bösen Spiel macht und die Meldung nach oben weitergibt. Deswegen ist er ja Diplomat! Das ist der Sinn der ganzen Geschichte! Vielleicht wird man ja mal gezwungen auf einer offeneren Ebene miteinander zu sprechen, gibt sogar Therapien die das Empfehlen 😉 .Und Im übrigen glaube ich auch nicht das die Veröffentlichung potentieller terroristischer Ziele die Terrorgefahr steigt, eher im Gegenteil, den die Terroristen wissen ja jetzt genauso wenig was sie machen sollen wie die Regierungen.
Zu den DDoS-Attacken auf Wikileaks.org: Dafür soll ein Typ Namens „th3j35t3r“ („The Jester“) verantwortlich sein, der schon mehrmals in vorauseilendem Gehorsam der US-Regierung zu Diensten gewesen ist und unliebsame Seiten quasi genuket hat.
Schwer zu sagen obs stimmt.
Was aber auffällt ist: Wenige Stunden nachdem man man Wikileaks aus der Cloud von Amazon geworfen hat, die quasi für den Lastenausgleich zuständig war, wenn die Seite überstrapaziert wird, sollen diese Attacken losgegangen sein. Klingt also stark nach einer konzertierten Aktion.
Für mich ist Assange übrigens tatsächlich ein arroganter Selbstdarsteller, der sich vollkommen unnötigerweise ins Licht der Öffentlichkeit begeben hat. Ich meine, jede Release- oder Warez-Groupe legt mehr Wert auf Anonymität als der. Und das obwohl die sich nur mit der Inhalteindustrie anlegen und nicht mit mehreren skrupellosen Regierungen wie es Wikileaks tut ^^
Aber du hast recht, Wikileaks ist trotzdem immens wichtig.
Deshalb hoffen wir das Beste, auch wenn nun bereits die deutsche Politik anfängt, unfair tätig zu werden: http://winfuture.de/news,60033.html