Gedanken zu „Time Team“
Mal unabhängig davon das ich die hektische Machart nicht so mag (man gewöhnt sich dran und sie ist nicht immer so extrem vorhanden), hab ich mir noch ein paar Folgen von Time Team reingezogen und ich glaube ich muss meine skeptische Meinung revidieren. Ausserdem habe mal darüber nachgedacht was in den Kommentaren gesagt wurde :
Schade dass es im deutschsprachigen Raum nicht etwas ähnliches gibt. In England hat diese Sendung, die vom Anfang der 90er-Jahre bis heute läuft, zu einer unglaublichen Popularität der Archäologie geführt und das Geschichtsbewusstsein der Menschen sensibilisiert.
Im Prinzip stimme ich dem zu. Eine von Fachleuten durchgeführte Sondierung eines Geländes, bei Time Team sind es ja meistens ausgewiesene Bodendenkmäler, finanziert vom TV, die dann das ganze senden darf, könnte finanzielle Problem lösen und gleichzeitig z.B. Notgrabungen unterstützen. Gerade in England wo das System Heritage neben staatlichen Geldern u.a. auch durch Lotterien und Reenactment-VA´s finanziert wird, scheint das zu funktionieren. Auch fiehl mir nach den Folgen positiv auf, das die Serie auch einen enormen Mut zu Lücke hat. Gut es wird aus einer Scherbe auch mal schnell ein angels-säschisches Anwesen , so sind sie halt die Engländer mit ihren Angel-Sachsen, aber auch schön finde ich auch das zum Teil örtliche Einwohner mit einbezogen werden, Kinder putzen Funde und die Eltern helfen den Garten „umzugraben“ und werden dabei angeleitet. So verliert eigentlich auch der letzte Skeptiker die Angst vor Archäologen. Ebenfalls positiv ist die Aussage in mehreren Folgen, das die Anwohner den Rest machen müssen bzw. die in der Sendung durchgeführte Grabung nur ein Einstieg gewesen sein kann.
Aber „Time Team Germany“?
Vom Konzept und Machart würde das ganze wohl einem Privatsender eher zu Gesicht stehen als den öffentlich Rechtlichen, ich kann mir aber nicht vorstellen das RTL oder PRO7 und Co. das so entsprechend umsetzten könnten oder wollten. Es würde wohl eher so eine Gallileo Mysterie Geschichte werden. Und weil das Original von Tony „Baldrick“ Robinson moderiert wird, hätte man garantiert den „cunning plan“ auch einen Comedian nehmen. Argh…
Das nächste Problem sehe in den Denkmalbehöreden und den Gesetzen. Jedes Bundesland hat seine eigenen Denkmalschutzgesetze, Ober und Untere Denkmabehörden sind sich schon jetzt fast nie grün. Wie sollte das werden wenn plötzlich ein Fernsehteam in Wiesbaden vor der Tür steht und sagt sie möchten in Trebur buddeln , weil ein einzelner oder ein Verein das vorgeschlagen hätte?
Das größte Problem befürchte ich sind aber die Nachahmer, die einfach auf dem Acker mit dem Spaten hantieren. Ich meine da nicht die im allgemeinen als Raubgräber bezeichneten Gestalten, sondern eher naive Nachahmer, die vielleicht nicht mal was böses, sondern helfen wollen. (Aber das haben wir ja immer)
Ich weiß leider nicht wie die Reaktion in England waren als Channel4 die Serie startete. Wahrscheinlich waren sie sehr gespalten, aber zumindest muss die Unterstützung des Heritage ja von Anfang an dagewesen sein, sonst geht mit Buddeln mal garnichts.
Das Geschichtsbewustsein der Leute sensibilisieren… Das wäre natürlich was! Hier bei uns in Deutschland hab ich manchmal das Gefühl das für einige Leute die Geschichte erstmit der Gründung der BRD anfängt und der Rest mehr oder weniger den Fachleuten, Interessierten oder Beknackten (z.B. ich) überlassen wird. Ich frage mich ob das mit der deutschen Kleinstaaterei zusammenhängt, das man auch nicht nach links und rechts schaut, aber damit sollen sich die Soziologen auseinandersetzten. Dennoch steht fest das wir hier im Gegensatz zu unseren Nachbarländern Dänemark, Frankreich und England (ist ja nur durch Wasser getrennt, genauso wie unser Nachbarland Island 😉 )einiges an Bewusstsein für Geschichte nachholen müssen!
Sei mir net bös, aber die Fernsehtechnische Geldruckmaschine – für das Fernsehen – braucht man wirklich nicht. Was fließt da an Geld? Praktisch keines – die Anwohner machen die Arbeit, die Forschungsinstitue schicken kostenfrei ihre „Grabungsleiter“ … was Geld kostet ist der Comedian und das Fernsehteam. Billiger geht es für den Sender wirklich nicht mehr.
Und mir graust es sowieso schon vor Laien, die in der Sendung die Erde durchwühlen – aber schonmal daran gedacht, was dort passiert, wenn Fachleute, Fernsehteam und Comedian wieder weg sind? Dann buddeln die nämlich von selbst drauf los.
Bewusstsein für Geschichte ist in Deutschland satt und genug vorhanden, wenn auch sehr unterschiedlich verteilt – für die U20 beginnt „früher“ schon letzte Woche und alles, was ein Jahr her ist, fällt unter Historie, gleich danach beginnt die Steinzeit. Daran wird aber so eine Sendung auch nichts ändern. Daß der Eindruck entsteht, daß für die meisten Geschichte erst mit 1945 beginnt liegt schlichtweg daran, daß bei uns über Jahrzehnte hinweg genau dieser Eindruck erweckt wurde. Da hat sich in den letzten 20 Jahren aber eine Menge getan und wenn die Leute villeicht auch manchesmal Probleme haben, Fantasy von Historie zu unterscheiden oder historische Persönlichkeiten zuzuorden, dann sollte man das Gelassen sehen – das dazugehörige Wissen spielt in ihrem Leben schlicht keine Rolle. Die müssen nicht wissen, wer Einhard war, solange sie Karl nicht für Artus halten.
@Holger:
Das Problem mit den unqualifizierten Nachahmern, die mehr schaden als nutzen, scheint man in England aber nicht zu haben, sonst hätte das English Heritage wohl längst seine Unterstützung entzogen ^^
Oder glaubst du, dass das Masochisten sind?
Auch hätte man dann an die Macher der Sendung, wohl kaum die Ehrendoktorwürde verliehen ….
Wer die Sendung und ihre Botschaft verstehen will, der muss sich mehrere Folgen ansehen.
Ständig wird vorgeführt und gemahnt, wie überaus empfindlich so eine Grabung ist. Das absolute Gegenteil deiner Behauptung ist also der Fall: Man wird nicht verleitet drauf los zu buddeln, sondern man ist eindringlich gewarnt, dass es sich bei einer Grabung um eine sensible Angelegenheit handelt, bei der jede Kleinigkeit dokumentiert werden muss und bei der aus dem Zusammenhang gerissene Funde, beträchtlich an Wert verlieren.
Und billig ist das alles auch nicht.
Ich habe das Making-ff gesehen:
Mit dem Moderator, reißt ein ganzer Tross von namhaften Archäologen, Fachleuten, Spezialisten für Keramik, Kunstgeschichte, Architektur, sowie Historiker, Geophysiker, mehreren separat operierende Kamera-Teams, Küchenpersonal, Techniker, Computerexperten, Sicherheitsleute usw. usw.
Hinzu kommt die oft monatelang Vorbereitungszeit für nur eine einzige Grabung. Da muss man sich dann mit dem lokal zuständigen Archäologen absprechen, einen detaillierten, seitenlangen Grabungsplan erstellen, diesen einreichen und um Bewilligung ansuchen, historische Nachforschungen in Orignaldokumenten betreiben, Computer-Animationen und Rekonstruktionen erstellen, vor Ort Leute entsenden, die von medienscheuen Grundstückseigentümern mit einer Engelsgeduld Drehgenehmigungen erbitten, mit einem Hubschrauber mehrmals das Gelände abfliegen, usw. usw. usw.
Den geschichtsbegeisterten Moderator als Comedian abzuqualifizieren, zeigt übrigens, dass du über etwas sprichst, dass du offensichtlich nicht kennst.
Und wo das Geschichtswissen in Deutschland de facto heute beginnt, siehst du, wenn du den Fernseher einschaltest.
Es vergeht absolut kein Tag (=außer vielleicht Weihnachten), wo man nicht einen Stahlhelm, Marke 2. Weltkrieg, über den Bildschirm hoppeln sieht ^^
@Hobo-Cop Als ich das mit dem Comedian geschrieben hab, dachte ich mehr daran was das deutsche Fernsehen machen, bzw. denken würde, wenn sie von Robinson hören:
„Ach, das war doch der von Black Adder“
„Ja ,genau der mit Dr. House gedreht hat“
„Was?“
„Egal, wir nehmen (Comedian hier einfügen) oder sonst wen der Zeit hat!“
Soviel zu unserem Fernsehen… Ich glaube einfach nicht das die Sendung bei uns funktionieren würde. (hab 10 Folgen heute gesehen)
@Markus: Dass es in Deutschland nicht funktionieren würde, halte ich auch für eine nicht ganz unrealistische Annahme.
Der Standesdünkel der da vorherrscht, hat sich ja seit Schliemanns Zeiten nicht gebessert.
Und während in der intellektuell weitaus anspruchsvolleren Astronomie (ja, das ist sie), seitens der Wissenschaftler gerne und häufig auf ambitionierte Hobbyisten zurückgegriffen wird, bilden sich ausgerechnet Archäologen weiterhin standhaft ein, ständig mittels Hochnäsigkeit ihre Einzigartigkeit und Unverzichtbarkeit unter Beweis stellen zu müssen.
Na ja, deren Pech – oder besser gesagt, unser Pech.
Denn damit lässt man Funde unter der Erde vergammeln, anstatt sie gemeinsam mit versierten Laien zu bergen.
Es gibt übrigens mittlerweile Grabungen, etwa in Österreich, wo Interessierte im Rahmen ihrer Möglichkeiten mithelfen können.
So gesehen gibt es dann doch auch Archäologen, die sich dieses Potentials bewusst sind und es auch nutzen – wenn zur Zeit auch noch eher zaghaft.
Im Kontext dessen, ist auch ein deutschsprachiges Äquivalent zu Time Team nicht ausgeschlossen.
History Deutschland (Ex-History Chanel), wäre z.B. eine adäquate Umgebung für so ein Format.
Hallo,
ich wollte mich auch mal melden. Habe bisher nur die hier vorgestellte Folge gesehen, werde aber bei Gelegenheit bestimmt die ein oder andere weitere Folge ansehen.
Bisher kannte ich die Sendung nicht und hätte wohl auch nie an ein solches Format auch nur gedacht.
Eine derartige Sendung kann zwar zum Geschichtsbewußtsein beitragen und wohl auch den ein oder anderen auf die Erhaltungswürdigkeit archäologischer Denkmäler hinweisen, doch sehe ich auch große Gefahren für die Archäologie. Es macht alles so den Eindruck als könnte man eine Grabung „mal eben so schnell über die Bühne bringen“. Die oben geschilderten Vorarbeiten und die nicht genannten noch umfangreicheren Nacharbeiten werden leider überhaupt nicht (soweit ich es bisher gesehen habe) gezeigt. Das könnte bewirken, daß die ohnehin knappen Mittel, welche der Archäologie zur Verfügung stehen, noch weiter schrumpfen werden, weil die Aufmerksamkeit auf die Grabung an sich gelenkt wird.
Auch aus denkmalpflegerischer Sicht finde ich den Modus: „Anwohner fragen sich, was unter dem Hügel nebenan steckt … rufen TV an … Grabungsteam kommt“ sehr fragwürdig. Es ist schon (fast) unmöglich alle anfallenden Notgrabungen durchzuführen und dann soll man auch noch „aus Spaß an der Freude“ bzw. weil es sich für den Sender lohnt es zu vermarkten irgendwo wild Schnitte in die Landschaft legen?
Zu bedenken ist (wie immer) auch, daß jede Grabung auch die (zumindest teilweise) Zerstörung eines Bodendenkmals mit sich bringt.
Bedenkenswert finde ich auch den Einfluß des durchführenden Senders auf die wissenschaftliche Arbeit. Hier wird wohl nur zu leicht der Marktwert einer Grabung dem wissenschaftlichen bzw. denkmalpflegerischen Sinn und Zweck vorgezogen.
Gruß
Marco
>>Das Problem mit den unqualifizierten Nachahmern, die mehr schaden als nutzen,<>scheint man in England aber nicht zu haben, sonst hätte das English Heritage wohl längst seine Unterstützung entzogen ^^
Oder glaubst du, dass das Masochisten sind?
Auch hätte man dann an die Macher der Sendung, wohl kaum die Ehrendoktorwürde verliehen ….
<>Wer die Sendung und ihre Botschaft verstehen will, der muss sich mehrere Folgen ansehen.
Ständig wird vorgeführt und gemahnt, wie überaus empfindlich so eine Grabung ist. Das absolute Gegenteil deiner Behauptung ist also der Fall: Man wird nicht verleitet drauf los zu buddeln, sondern man ist eindringlich gewarnt, dass es sich bei einer Grabung um eine sensible Angelegenheit handelt, bei der jede Kleinigkeit dokumentiert werden muss und bei der aus dem Zusammenhang gerissene Funde, beträchtlich an Wert verlieren.<>Und billig ist das alles auch nicht.<>Ich habe das Making-ff gesehen:
Mit dem Moderator, reißt ein ganzer Tross von <>namhaften Archäologen, Fachleuten, Spezialisten für Keramik, Kunstgeschichte, Architektur, sowie Historiker, Geophysiker,<>mehreren separat operierende Kamera-Teams, Küchenpersonal, Techniker, Computerexperten, Sicherheitsleute usw. usw.<>Hinzu kommt die oft monatelang Vorbereitungszeit für nur eine einzige Grabung. Da muss man sich dann mit dem lokal zuständigen Archäologen absprechen, einen detaillierten, seitenlangen Grabungsplan erstellen, diesen einreichen und um Bewilligung ansuchen, historische Nachforschungen in Orignaldokumenten betreiben, Computer-Animationen und Rekonstruktionen erstellen, vor Ort Leute entsenden, die von medienscheuen Grundstückseigentümern mit einer Engelsgeduld Drehgenehmigungen erbitten, mit einem Hubschrauber mehrmals das Gelände abfliegen, usw. usw. usw.<>Den geschichtsbegeisterten Moderator als Comedian abzuqualifizieren, zeigt übrigens, dass du über etwas sprichst, dass du offensichtlich nicht kennst.<>Und wo das Geschichtswissen in Deutschland de facto heute beginnt, siehst du, wenn du den Fernseher einschaltest.<>Es vergeht absolut kein Tag (=außer vielleicht Weihnachten), wo man nicht einen Stahlhelm, Marke 2. Weltkrieg, über den Bildschirm hoppeln sieht ^^<<
So? Ich habe seit 10 Jahren keine Stahlhelme, Marke 2. Weltkrieg, über den Bildschirm hoppeln sehen – vielleicht solltest Du Deine Programmauswahl überdenken. 🙂
@Marco:
Die wissenschaftlichen Berater der Sendung überprüft Tipps aus der Bevölkerung vorab eingehend und schicken nicht gleich hektisch Batman und Robin los 🙂
Außerdem finanziert der Sender Grabungen und Forschung, die sich sonst auf Jahre hinaus niemand leisten könnte.
Und was ist denn das überhaupt für eine komische Einstellung, „von denen nehme ich kein Geld, bloß weil sie etwas öffentlichkeitswirksam und kommerziell verwerten“?
Soll Archäologie etwa nur im stillen Kämmerlein, von Steuergeldern finanziert, stattfinden? Das wäre ja noch schöner. Dafür wäre mir meine Abgaben jedenfalls zu schade. Archäologie als bloße Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für ein paar schrullige Geisteswissenschaftler, die tonnenweise Keramikscherben in irgendwelchen Lagerräumen horten, käme mir sicher nicht in die Tüte. Ich will gefälligst so häufig wie nur möglich sehen und daran teilhaben, für was mein Geld verwendet wird.
Natürlich versucht man bei Time Team interessante Objekte zu finden.
Doch wie Markus absolut richtig geschrieben hat: Man hat Mut zur Lücke.
Es kommt immer wieder mal vor, da findet man so gut wie nichts.
Und sehr oft findet man auch ganz etwas anderes, als ursprünglich vermutet.
Bloß auf vorprogrammierte Sensationen, ist man also sicher nicht aus.
Und dass man in jeder Sendung die ganzen Vorarbeiten zeigen möge, kann ja wohl nur ein Scherz sein.
Time Team soll eben auch unterhalten und nicht einem auserlesenen Fachpublikum von Archäologiestudenten, als stundenlanger Lehrfilm die Zeit vertreiben.
Eines hat die Sendung sicher bewirkt: Die Menschen gehen mit offeneren Augen durch ihre Heimat, erkennen dadurch z.B. Bewuchsmerkmale und wissen sie auch zu deuten.
Je länger Time Team lief, umso mehr Hinweise gingen bei den Behörden ein. Viele Bodendenkmäler konnten so überhaupt erst entdeckt und unter Schutz gestellt werden. Einige, wie ein wunderschönes römisches Mosaik, wären sonst durch landwirtschaftliches Pflügen, vollständig zerstört worden!
Ich verstehe deshalb nicht, warum man dieses Faktum nicht sehen und gut heißen möchte, sondern bloß herumdruckst, oder gar mit nörgelnd-mahnendem Unterton alles schlecht redet.
Aber vielleicht bin ich als Techniker, der das Geschichtsstudium an einer Hochschule, in erster Linie als zeitaufwendiges Hobby betreibt und nicht als Brotberuf, ja einfach besser geeignet, diese Dinge von außen objektiv zu beurteilen.
Wer hingegen selbst Rädchen in einem System ist, dessen Blick ist nämlich meist durch teils unbewusste Egoismen verstellt.
@Holger: Beim Zappen durch die Kanäle, bekomme ich sogar regelmäßig die ätzende Klingeltonwerbung auf Viva mit 🙂
Time Team ist eine schoene Sendereihe,
gucke sie mir seit Jahren regelmaeszig an.
Fuer DE aber kaum vorstellbar,
wegen den hier bereits erwaehnten Gruenden.
Archaeologie und Geschichtsforschung haben in
UK einen anderen bzw hoeheren Stellenwert als
in DE.