Eine Arbeitstheorie zur Laurentiuskirche
Dies ist vielleicht der wichtigste Artikel den ich hier veröffentlicht habe und auch der der mir am meisten Magengrummeln verursacht, das nur vorneweg! Er soll aber zeigen wohin er Weg zu Zeit führt!
Vielleicht ist es ja dem ein oder anderem aufgefallen. Ich hab groß getönt Kirchen zu vergleichen und dann die Laurentiuskirche genau zu beschreiben… ..aber das ist plötzlich verstummt. Nicht etwa weil ich keine Lust hätte, sondern weil, je mehr ich mich damit befasst habe, desto mehr Fragen und Ungereimtheiten tauchten auf und neu Informationen kamen hinzu. Beispielsweise klammerte Kiesow in „Romanik in Hessen“ einige Aspekte und bereits bekannte Erkenntnisse vollkommen aus, ausserdem hat sich seit 1984 einiges in der Forschung getan, was die Meinung der Wissenschaft über vergleichbare Kirchen veränderte.
Einige der Erkenntnisse möchte ich nun an dieser Stelle als Arbeitstheorie dem Leser vorstellen. Sie soll ein wenig die Problematik verdeutlichen und die Miesere erläutern in der ich als Laie stecke.
Ich fange zuerst mit dem Chorbereich an, denn hier nahm das Leid seinen Anfang.
Seit dem ich die Darstellung des Kartographen Karge kenne (z.B. hier ) stellt sich die Frage wie der Chor der Laurentiuskirche vor dem Umbau von 1748 aussah. Ich spekulierte über einen gotischen Chorabschluß. Nach meinem jetzigen Wissenstand schließe ich diesen aber aus!
Auf der linken Seite sehen wir einen Plan der Laurentiuskirche. Grau eingetragen sind, die durch Grabung festgestellten Bauteile, gelb der barocke Chorabschluß. Das Interessante im Chorbereich, ist der Fakt, dass zu Lichtenbergs Zeit die Mauern des Querhauses bereits nach Osten hin abknickten. Dies ist auf einem Plan Lichtenbergs auch verzeichnet. Diese Mauerstücke, die heute an dem Fenster(nach Norden) und der Tür in die ehemalige Sakristei (nach Süden) enden, wurden mir, von Augenzeugen der letzten Renovierung als durchgängig und ohne Baunaht beschrieben. Wenn nun aber der Flache Chorabschluss mit halbrunder Apsis (im Plan grau/ergraben), derjenenige der karolingischen Epoche ist, können die Querhausarme, die aus einem Stück bestehen und laut Kiesow in voller höhe karolingisch sind, eben nicht karolingisch sein!
Hier kommen nun die beiden anderen Mauerreste die hinter der halbrunden Apsis gefunden wurden ins Spiel. Lange habe ich überlegt wie diese einen Zusammenhang bilden. Jedoch fand ich einen ganz ähnlichen Grundriss eines Chores. Der ottonische Chor der Abteikirche von Susteren. (hier auf Wikipedia, mit Grundrissplan)
Nach der Sichtung der Pläne von Susteren warf ich noch einmal einen Blick auf den Plan von Karge und zwar im Original im Staatsarchiv (so richtig mit Handschuhen und Lupe…) Womit ich festellen konnte das die verwaschene Darstellung sehr wahrscheinlich einen ottonischen Chor darstellt, ähnlich dem von Susteren. Dies würde die von Dr. Müller 1953 festgestellten ottonischen Umbauarbeiten erklären, die in der Kirche stattgefunden haben müssen.
Der Chor könnte daher wie folgt ausgesehen haben und wäre als ottonisch zu identifizieren:
Die Frage die sich daraufhin ergiebt, ist : Gibt es weitere Hinweise auf einen ottonischen Radikalumbau? Ich meine: Ja! Und zwar am Westbau!
Der Westbau hat mir schon immer einiges Kopfzerbrechen bereitet. Grundhierfür ist sein Form. Sämtliche karolingischen Westbauten, sei es Westwerk oder Westbau (ich möchte mich hier nicht auf eine zeitraubende Westwerksdiskussion einlassen) sind aufstrebend gebaut, will sagen sie sind höher als breit. Der Westbau in Trebur ist aber breiter als hoch.
Ein ebenfalls bedeutender Unterschied ist, das die Westbauten (siehe Petersberg hier) eingeschnürt sind, d.h. Sie sind schmäler als das Schiff in seiner Gesamtheit mit Seitenschiffen – sie stehen wie ein separater Bauteil vor der Kirche. In Trebur hat der Westbau die selbe Breite wie die Seitenschiffe und ist auch mit diesen vermauert, wobei die Raumaufteilung der Schiffe übernommen wird.
Ein weiterer Hinweis geben die Pfeiler, die die karolingischen Bögen des Westbaus tragen. Nach Diefenbach und A.Zeller enden diese Pfeiler in der Trennwand zum Kirchenschiff (siehe im Plan oben, lilla markiert!!! Müller bezeichnete sie in diesem Fall als „ummantelt“ bzw. „verstärkt“!!! Womit wir nun auch zu der trennenden Wand kommen. Diese Wand besitzt spätgotische Bögen, durch einen Umbau, wohl unter den Herren von Katzenelnbogen. Das Interessante ist aber die Wand als solches. Karolingische Bauten haben eine Grundeigenschaft: Ihre Mauern haben an allen Stellen die gleiche Stärke (siehe noch mal den Plan von Petersberg) In Trebur, aber ist diese Wand nur 60cm (!) stark, während die anderen Wände 1,10m stark, dieser Fakt allein deutet schon darauf hin das diese Wand nachträglich eingezogen wurde. Der nächste Punkt ist das man in karolingischer Zeit das statische Experiment gewagt haben soll auf dieses Konstrukt aus drei stabilen Wänden und einer dünneren Wand einen Turm aufzusetzten, was ich führ sehr fraglich halte.
Die Frage ist nun gibt es auch hierfür vergleichbare Bauten? Ich sage Ja, hierzu zählen sämtliche ottonischen Bauten von Rang mit Westbau: Mainzer Dom, Quedlinburg, Hildesheim, Gernrode, aber auch salische Bauten wie der Speyrer Dom.
Ist die Kirche nun ottonisch oder karolingisch?
Nun meine Theorie zu all diesen Ungereimtheiten und Fragen: Die Kirche ist karolingisch und entspricht in ihren Maßen nur einwenig verkleinert der Frankfurter Pfalzkapelle, was sie in eine zeitliche Einordnung nach 855 bringt. Eine dreischiffige Basilika mit mit Querhaus, geradem Chorabschluß und Halbkreisapsis. Nachdem zwischen 912 und 971 keine Königsbesuche in Trebur zu verzeichnen sind steigen diese ab 971 wieder plötzlich an. Wahrscheinlich wurde die Pfalz und Kirche zu diesem Zeitpunkt grundlegend renoviert. Hier entstehen wieder parallelen zur Frankfurter Pfalzkapelle, die ebenfalls um 1000 umgebaut wurde und mit einem Westbau und neuer Apsis ausgestattet wurde (siehe hier, mit Plan ) In diese Zeit müsste auch die Umweihung zu Gunsten des heiligen Laurentius geschehen sein (nach der Schlacht auf dem Lechfeld).
Hier ein direkter Vergleich in korrektem Größenverhältnis der Pfalzkapelle Frankfurt und Trebur mit markierten potenziellen Umbauten:
Bei diesem Umbau wurden wahrscheinlich große Teile der Aussenmauern der Kirche niedergelegt, aber zumindest die ersten Bögen des Langhauses blieben stehen , diese bilden nun die Bögen der Westhalle. Anschließend wurde die Kirche auf den Grundmauern neu aufgebaut, wie dieses oft in dieser Zeit geschah. Der Westbau wurde dabei als Empore verwendet, ähnlich wie in Quedlinburg.
Hier zur Verdeutlichung die theoretischen karolingischen(oben) und ottonischen Bauten(unten) im Vergleich:
Ich möchte nochmals darauf hinweisen, das es sich hierbei nur um eine Arbeitstheorie handelt, zu der noch einige Schlüsselelemente fehlen, aber zu der es auch mehr Hinweise gibt als sie ich sie hier notiert habe (Man muß sein Pulver ja nicht gleich verschießen!) Diese ganze Geschichte wird zur Zeit ausgearbeitet, mich würde aber, falls vorhanden, eure Meinung interessieren!
Eine Antwort
[…] und entbehrt jeder Begründung! Zwar habe ich ja meine eigene Theorie an der ich derzeit arbeite (hier nachzulesen), dennoch dürfte es sich hier um eine der zahlreichen Umweihungen […]