Und noch mal der „Heimatforscher“
Holger und Jörg hatten mich in den Kommentaren diese Artikels erst wirklich drauf gebracht. Das Wort „Heimatforscher“ bezeichnet für mich einen spießigen, piefigen Herrn, vorzugsweise mit Klugscheißerattitüde.
Wahrscheinlich häng ich da Klischees nach, die auch Jörg schon angedeutet hat. Die frühen Heimatforscher waren meist der Ortslehrer oder der Pfarrer, was schon mal ein gewissen oberlehrerhaftes Verhalten und Spießigkeit erklärt. Neuerungen war von diesen Personen nicht zu erwarten. In Trebur war das erste Museum vor dem Krieg in der Grundschule untergebracht und das hatte nichts mit Erlebnispädagogik zu tun.
Oftmals waren diese Museen wenig mehr als Kuriositätenkabinette. Gefundene Konchen vom Mammut oder Wollnashorn, ein paar Feuersteine… Die Forschung die die Heimatforscher betrieben waren Selbstzweck um die Heimat hochzujubeln. In Trebur wurden da zum Beispiel Theorien aufgestellt der Name Tribur stamme vom römischen Kaiser Tiberius. (muss ich mal raussuchen ist witzig).
Liebte man im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert die Römer (siehe Saalburg),begann bald eine Vorliebe für alles germanische, was im 3. Reich seinen Gipfel fand und viele Heimatforscher witterten Morgenluft. Land auf, Land ab schossen germanische Weihestätten aus dem Boden. Nicht wenige Heimatforscher spielten dabei eine wichtige Rolle.
Diese Zeit war es auch, die dafür sorgte das Heimatforscher in der Wissenschaft nicht mehr ernst genommen wurden. Die Universitäten distanzierten sich von deren Theorien und erst in den letzten Jahren gehen Archäologen wieder vermehrt auf Heimatforscher zu, meist um Fundstellen zu lokalisieren.
Um 68 herum entstand eine neue Form der Heimatforschung die sich mit der Aufarbeitung der Verbrechen der Vätergeneration befasste. Diese Aufarbeitung fand jedoch meist eher in Städten mit studentischem Hintergrund statt. In den Dörfern wurde dieses Thema oftmals ausgeklammert oder nur mit spitzen Fingern angefasst. Wie etwa in Mörfelden-Walldorf wo sich ein KZ Aussenlager befand, das erst wiederentdeckt wurde als sich 3 Schüler 1972 mit dem Thema befassten, aber erst Beachtung fand als die „Stars and Stripes“ 1978 (!) einen Artikel darüber verfasste, während die etablierten Heimatforscher das Thema bis zu diesem Zeitpunkt unter den Tisch gekehrt hatten.
Und dann sind da so die Erfahrungen die man machte. Jemand wie ich, der schon als Kind gerne in Museen ging und, wie etwa in Speyer mit Schwerten, Pilum, Helmen usw. verwöhnt wurde und dann in ein Heimatmuseum kam war natürlich entäuscht vom Omabettgestell, Nachttopf und Dreschflegel. Denn meist es das worauf sich Heimatmuseen dann konzentrieren, die volkskundliche Sammlung.
Natürlich gehört das auch dazu, wie ich natürlich auch weiß, aber es macht leider wenig her.
Diese herben Enttäuschungen und dieser üble Beigeschmack des Wortes Heimatforscher, der sich immer bei mir breit macht (es ist hauptsächlich dieses Wurzelgermanen-Image der 30er), erklären vielleicht warum ich das Wort Heimatforscher dann doch nicht so wirklich mag, aber da ich nicht vorhabe mir das irgedwie auf eine Visitenkarte zu drucken ist das fast egal.
Also, meiner Meinung nach hat diese Vorliebe für die Römer schon Anfang des 19. Jahrhunderts zugunsten der Germanen nachgelassen, die Saalburg war eher ein persönliches Ding vom Kaiser. Natürlich gab es keinen „harten Schnitt“ und beides lief eine Weile parallel, aber etwa ab dem Ende des Heiligen Römischen Reiches dürfte diese Entwicklung eingesetzt haben. Interessant ist, dass es ebenfalls etwa ab dieser Zeit eine Inflation an „Heimatforschern“ gab. Hat vielleicht psychologische Gründe (Verlust der Identität?).
Übrigens: bevor der Germane Darimund in Mode kam, leitete man den Namen Darmstadts von Kaiser Traian ab. 😉